Sie haben sich bei Alltagsbeschwerden und zur unterstützenden Behandlung akuter Infekte bewährt. Was Sie bei der Zubereitung beachten sollten

Die wärmende Tasse in der Hand, der aromatische Duft in der Nase, der würzige Geschmack der heißen Flüssigkeit, das entspannende Ritual des Trinkens – keine Arzneiform spricht so viele Sinne an wie der Tee.
 
Er gehört zu den ältesten Heilmitteln: Jahrtausendelang gab es kaum eine andere Möglichkeit, Pflanzeninhaltsstoffe zu verabreichen. Auch wenn dies heute bequem mit hochwertigen pflanzlichen Fertigarzneimitteln gelingt, schwören viele Menschen noch immer auf den guten alten Tee – etwa bei Verdauungs- und Schlafstörungen oder zur unterstützenden Therapie von Atemwegsinfekten und Blasenentzündungen.

Wenn eine hohe Flüssigkeitszufuhr erwünscht ist, haben Tees anderen Arzneiformen einiges voraus: „Schon das heiße Wasser besitzt therapeutische Effekte“, betont Professor Gerhard Franz vom Institut für Pharmazeutische Biologie der Universität Regensburg. „So macht man sich bei akuten Harnwegsinfekten die durchspülende Wirkung von Blasen- und Nierentees zunutze.“
 
Heilkraft des Wassers  
 
Bei Infekten der oberen Atemwege verflüssigt das Wasser den zähen Bronchialschleim und erleichtert auf diese Weise das Abhusten. „Und ohne ausreichende Flüssigkeitszufuhr“, erklärt Heilpflanzen-Experte Franz, „würden zum Beispiel Linden- oder Holunderblüten niemals schweiß treibend wirken.“ Wolfgang Blaschek, Professor für Pharmazeutische Biologie an der Universität Kiel, bestätigt: „Da das Wasser meist einen Zusatznutzen bringt, wirken Arzneitees auf mehreren Ebenen – vorausgesetzt, man erzielt eine ausreichende Wirkstoffkonzentration.“
 
Doch das ist gar nicht so einfach: „Wie viel Wirkstoff im Tee landet, hängt ab von der Beschaffenheit und dem Zerkleinerungsgrad des pflanzlichen Ausgangsmaterials, aber auch von der Lokalisation und Löslichkeit der erwünschten Inhaltsstoffe“, erklärt Blaschek.
 
In der Teetasse passiert nämlich im Prinzip im Kleinen genau das, was die pharmazeutische Industrie bei der Herstellung pflanzlicher Fertigarzneimittel im großen Stil anwendet: Mithilfe eines Lösungsmittels – in diesem Fall heißen Wassers – werden dem zerkleinerten Pflanzenmaterial die arzneilich wirksamen Inhaltsstoffe „entzogen“.
 
Doch während der Pharmahersteller standardisierte und optimierte Extraktionsverfahren einsetzen kann, ist der Teetrinker zu Hause auf einfachste Mittel angewiesen und kann bei der Zubereitung einiges falsch machen: Tee braucht die richtige Wassertemperatur sowie die optimale Zeit zum Ziehen und muss außerdem regelmäßig durchmischt werden.

Tee richtig zubereiten

Besondere Probleme bereiten beim Teekochen Substanzen, die schlecht wasserlöslich sind – allen voran die duftenden ätherischen Öle. Sie verdunsten zudem leicht und gelangen deshalb häufig in zu geringen Mengen in den Tee.

Bei manchen Tees hilft ein Trick, den Wolfgang Blaschek mit Anisfrüchten ausprobiert hat. „Wenn man Anis statt mit Wasser mit Milch kocht, steigt der Wirkstoffgehalt deutlich“, erzählt der Experte. Bei Experimenten an seinem Institut wurden einmal drei Gramm Anis mit 150 Millilitern heißem Wasser übergossen und zehn Minuten stehen gelassen. Dabei gelangten etwa 20 Milligramm des schleimlösenden, entkrampfenden und antibakteriell wirkenden Anisöls in den Extrakt.

„Mit der gleichen Menge Vollmilch erzielten wir fast die doppelte Ausbeute“, berichtet Blaschek. Milch enthält feinste Lipidtröpfchen, die das fettlösliche Anisöl aufnehmen. „Mit Honig“, erklärt Blaschek, „ist Anismilch eine schmackhafte Alternative zu herkömmlichen Hustentees.“

„Harte Drogen“ gut kochen

Die arzneilich wirksamen Inhaltsstoffe stecken in den unterschiedlichsten Teilen der Pflanzen – in Blättern, Blüten, Wurzeln, Rinden, Hölzern, Früchten und Samen. Diese werden in der Fachsprache als „Teedrogen“ bezeichnet. Bei zarteren Pflanzenteilen genügt es in der Regel, sie mit kochendem Wasser zu übergießen und zehn Minuten in einem abgedeckten Gefäß ziehen zu lassen. Dieser sogenannte Aufguss hat sich auch bei Mischungen mit unterschiedlich harten Bestandteilen bewährt.

„Harte Teedrogen wie Hölzer, Rinden und Wurzeln“, erklärt Pharmazeut Franz, „sollten dagegen zehn bis fünfzehn Minuten lang gekocht werden.“ Dabei quillt das harte Pflanzengewebe auf und wird lockerer. „Die Wirkstoffe“, sagt Franz, „gelangen dadurch leichter in den wässrigen Extrakt.“

In anderen Fällen ist Wärme die falsche Wahl: Hitzeempfindliche Schleimstoffe etwa verlieren bei der Teezubereitung mit heißem Wasser ihre Wirkung. „Wird zum Beispiel Eibischwurzel mit heißem Wasser übergossen“, erklärt Blaschek, „verkleistert die darin enthaltene Stärke und verhindert so, dass die erwünschten sauren Schleimstoffe in ausreichender Menge in den Tee übergehen.“ In diesem Fall hat sich der sogenannte Kaltauszug bewährt.

Weniger unerwünschte Stoffe

Mit Kaltauszügen lässt sich außerdem die Menge unerwünschter Substanzen im Tee vermindern. „Bei harnwegsdesinfizierenden Bärentraubenblättern verringert man so den Gehalt an magenreizenden Gerbstoffen“, erklärt Franz. Um eventuell vorhandene Mikroorganismen abzutöten, sollte man den Tee anschließend kurz aufkochen und ihn auf keinen Fall längere Zeit stehen lassen.

Neben der optimalen Temperatur kennen Experten eine Reihe weiterer Kniffe. „Anis oder Kümmel müssen unmittelbar vor der Teezubereitung im Mörser gequetscht werden“, betont Blaschek. „Die ätherischen Öle stecken im Inneren des Gewebes und würden sonst kaum in den Teeaufguss gelangen.“ Wird die Teedroge zu früh zerkleinert, gehen wertvolle Inhaltsstoffe verloren, und die ebenfalls darin enthaltenen fetten Öle werden an der Luft ranzig.

Grob oder fein geschnitten  

Ohnehin spielt der Grad der Zerkleinerung eine nicht zu unterschätzende Rolle: „Die Wirkstoffe werden umso schneller freigesetzt, je feiner das Material ist“, sagt Blaschek. Bei der Haltbarkeit liegt dagegen grob zerkleinertes Pflanzenmaterial vorn: „Die Wirkstoffverluste durch Verdunstung und oxidative Abbauprozesse sind geringer.“ Zu fein geschnittenes Material lässt sich zudem schlecht abseihen. „Drogenpartikel im Tee schmecken scheußlich und kratzen im Hals“, gibt Blaschek zu bedenken. Das Ganze läuft also auf einen Kompromiss hinaus. „Tees aus der Apotheke“, betont er, „haben für den Hausgebrauch die optimale Schnittgröße.“

Mischung, Filterbeutel oder Pulver?

Beim Kauf eines Arzneitees kann der Verbraucher zwischen losen Teemischungen, Filterbeuteln und sofort löslichen Instanttees wählen. Jede Form hat Vor- und Nachteile.

„Bei loser Ware lassen sich Mischungsverhältnis und Dosierung individueller gestalten“, erklärt der Arzneipflanzen-Experte Franz. „Für Filterbeutel sprechen dagegen die einfachere Handhabung und eine größere Dosiergenauigkeit.“

Sofort lösliche Tees machen vor allem bei leicht flüchtigen ätherischen Ölen Sinn. „Die Wirkstoffe sind in winzige Mikrokapseln verpackt und stehen nach dem Auflösen gleich zur Verfügung“, erläutert Franz. „Allerdings enthalten Instant-Tees zum Teil große Mengen Zucker und sind nach Anbruch nur begrenzt haltbar.“

Um herauszufinden, mit welcher Teeform sich die höchsten Wirkstoffkonzentrationen erzielen lassen, hat Gerhard Franz verschiedene Zubereitungen verglichen. „Filterbeutel bieten die Möglichkeit, besonders fein geschnittenes oder sogar gepulvertes Material zu verwenden“, berichtet er. „Abführtees im Filterbeutel liefern deshalb höhere Wirkstoffkonzentrationen als lose Ware.“

Während beim bloßen Einhängen des Filterbeutels nach 30 Minuten etwa die Hälfte der wirksamen Inhaltsstoffe in den Extrakt übergegangen war, erhöhte zusätzliches regelmäßiges Umrühren des Tees oder Umschwenken des Beutels die Rate nach 15 Minuten auf mehr als 90 Prozent.

Beim Vergleich verschiedener Blasen- und Nierentees lieferte dagegen eine lose Teemischung den höchsten Flavonoid-Gehalt. Auch bei den ätherischen Ölen machten lose Teedrogen das Rennen – vorausgesetzt, sie konnten unter gelegentlichem Umrühren abgedeckt zehn Minuten ziehen. Ob man sich für lose Tees oder Filterbeutel entscheidet – auf alle Fälle sollte es sich um geprüfte Arzneibuchware handeln. „Bei Arzneitees aus der Apotheke ist ein Mindestgehalt an Wirkstoffen garantiert“, erklärt Blaschek. „Tees aus dem Supermarkt gelten dagegen als Lebensmittel und sind lediglich auf Schadstoffe geprüft.“

Um den Verlust an flüchtigen Inhaltsstoffen zu begrenzen, sind hochwertige Filterbeuteltees einzeln in luftdichte Folie verschweißt. Lose Teemischungen sollten nicht in der Papiertüte, sondern licht- und luftgeschützt in Gläsern oder Blechdosen aufbewahrt werden. Vor jeder Entnahme den Arzneitee erneut gründlich durchmischen.

Aufguss, Abkochung und Kaltauszug

Tee kann auf verschiedene Arten zubereitet werden. Wir erklären Ihnen die Unterschiede.

Aufguss

Zarte Pflanzenteile wie Blüten, Blätter und Samen werden mit kochendem Wasser übergossen, fünf bis zehn Minuten in einem bedeckten Gefäß stehen gelassen und von Zeit zu Zeit umgerührt. Danach durch ein Teesieb geben.

Abkochung

Die meisten Wurzeln, Rinden und Hölzer sollten 10 bis15 Minuten lang gekocht und danach abgeseiht werden. Der Grund: Aus harten Pflanzen teilen sind die Wirkstoffe schwerer herauszulösen.

Kaltauszug

Hitzeempfindliche Wirksubstanzen wie die Schleimstoffe aus der Eibischwurzel sollten in kaltem Wasser gelöst werden. Die Kräuter mehrere Stunden einweichen, abseihen und den Tee kurz erhitzen.
 
Apotheken Umschau, Bildnachweis: Corbis Images