Viele Menschen leiden vor allem in der wärmeren Jahreszeit unter schweren und geschwollenen Beinen. Wir sagen Ihnen, was dagegen hilft

Durch einen naturbelassenen Bach mit vielen Windungen plätschert das Wasser träge dahin. Durch einen gerade verlaufenden Kanal strömt es schnell und gleichmäßig. Unsere Venen haben viel mit Wasserläufen gemeinsam: In gekrümmten Beingefäßen fließt das Blut nur langsam, in gesunden und straffen störungsfrei.

Etwa 50 bis 80 Prozent der erwachsenen Deutschen leiden aufgrund einer angeborenen Bindegewebsschwäche unter krankhaft veränderten, schlappen Venen. Geben die stützenden Gefäßwände der Beinvenen mehr und mehr nach, sacken diese schließlich in sich zusammen. Es entstehen erweiterte, geschlängelte Krampfadern, die den Rücktransport des Blutes aus den Venen zum Herzen hoch nur noch unzureichend bewältigen.
 
„Die Venenklappen schließen dann nicht mehr richtig, sodass das Blut der Schwerkraft folgend wieder nach unten fließt“, schildert Dr. Daniela Hoffmann, Phlebologin in München. Krampfadern sind nicht nur optisch störend, sondern häufig auch ein gesundheitliches Problem. Werden sie nicht verödet oder entfernt, können sie mit der Zeit einen immer größeren Teil des Beinvenensystems blockieren. Die ersten Anzeichen für eine Venenfunktionsstörung sind Schweregefühle und Schwellungen im Knöchelbereich.
 
Wie kommt es dazu? Wenn die Venen erschlaffen, reißt die Innenverkleidung der Gefäße – das sogenannte Endothel – auf und wird durchlässig. „Durch die nicht mehr ganz dichten Venenwände treten Flüssigkeitsbestandteile aus dem Blut in das Gewebe über, und es bilden sich Wassereinlagerungen“, erklärt Hoffmann. Im Frühling und Sommer sind die Beschwerden oft besonders ausgeprägt, denn bei höheren Tagestemperaturen weiten sich die Gefäße noch stärker als gewöhnlich.

Überlastungen möglichst vermeiden

Venenveränderungen sind zwar genetisch bedingt, doch Betroffene können der ungünstigen Veranlagung gezielt gegensteuern – vor allem, indem sie zusätzliche Belastungen für das Venensystem vermeiden. Bequeme Schuhe, nicht einschnürende Strümpfe und locker sitzende Kleidung beugen Problemen zu einem gewissen Grad vor. Enge Jeans dagegen können die Stammvene bereits im Hüftbereich abschnüren und den Blutfluss behindern.
 
Starkes Pressen beim Stuhlgang sollte ebenfalls vermieden werden, denn es erhöht den Druck auf das Venensystem zusätzlich und belastet die Venenklappen. Bei Verstopfung ist deshalb eine unterstützende Therapie mit Flohsamen zur Lockerung des festen Stuhls ratsam. Äußerst sinnvoll – wenngleich schwieriger – ist es, eventuell vorhandenes Übergewicht abzubauen, denn jedes überflüssige Kilo stellt auch eine zusätzliche Last für die Venen dar.
 
Zur Entstauung der Beingefäße hat sich folgende Faustregel bewährt: möglichst wenig stehen und sitzen, mehr gehen und liegen. Das Hochlagern der Beine und die Bewegung fördern den Rückfluss des Blutes zum Herzen. Besonders empfehlenswert sind Sportarten mit regelmäßigem Bewegungsablauf und ohne große Kraftspitzen. Dazu gehören zum Beispiel (Nordic) Walking und Radfahren. Auch mit Schwimmen beugen Sie Venenproblemen in idealer Weise vor: „Der Wasserdruck komprimiert die Venen von außen“, sagt Hoffmann.

Die Muskelpumpe aktivieren

Für zwischendurch rät die Expertin zu Fußgymnastik: etwa im Stehen zwischen Fersen- und Zehenstand wechseln oder im Sitzen zuerst die Fußspitzen, dann die Fersen zum Körper ziehen. Regelmäßiges Gefäßtraining mit kalten Beingüssen und Bürstenmassagen stärkt das Bindegewebe und die Venenwände. Sauna und andere Wärmeanwendungen dagegen sind ungünstig, da sie die Gefäße erweitern.
 
Einen angenehm erfrischenden Effekt besitzen äußerlich angewendete Gele aus der Apotheke mit kühlendem Heparin oder Franzbranntwein. Bei müden Beinen und Schwellungen können Salben und Gele mit Extrakten aus Mäusedorn, Rotem Weinlaub oder Rosskastanie Linderung bringen. Sie stärken die Gefäßwände und wirken abschwellend. Präparate aus diesen Heilpflanzen zum Einnehmen verringern nachweislich Wasseransammlungen in den Beinen.
 
Bei chronischen Venenproblemen ist eine medizinische Kompressionstherapie sinnvoll. „Dadurch kann man ein geschädigtes Venensystem zwar nicht reparieren, aber Komplikationen verhindern wie Schwellneigung, Venenentzündungen, offene Beine und Thrombosen“, erklärt Professor Markus Stücker, leitender Arzt am Interdisziplinären Venenzentrum der Ruhr-Universität Bochum.
 
Kompressionsstrümpfe erzeugen einen im Vergleich zu Stützstrümpfen deutlich höheren Anpressdruck und sollten laut Stücker von morgens bis abends getragen werden, mindestens sechs bis acht Stunden pro Tag. Der verordnende Arzt bestimmt die Form und den Kompressionsdruck. Damit die Knie- und Schenkelstrümpfe oder Strumpfhosen optimal passen, werden sie individuell angemessen – siehe dazu auch den Beitrag auf der folgenden Seite.
 
Bildnachweis: W&B/Marcel Weber