Die Heilpflanze ist die Grundlage von Kombinationspräparaten gegen typische Verdauungsprobleme

Die Wirkung der Bitteren Schleifenblume (Iberis amara) bei Magen-Darm-Beschwerden ist seit dem Altertum bekannt: Galenus von Pergamon – nach Hippokrates der bedeutendste Arzt der Antike – berichtet, dass die Pflanze ihren lateinischen Namen von einem Kollegen erhielt. Dieser konnte mit ihrer Hilfe in Iberien, dem heutigen Spanien, die Magenprobleme eines Freundes heilen. Bis heute ist Iberis amara in Nordspanien und Frankreich verbreitet; sie gedeiht aber auch im Saar-, Mosel- und Rheintal, vor allem auf Getreideäckern. In anderen Regionen Deutschlands kommt die Pflanze nur selten vor, sie wächst jedoch in ganz Mittel- und Südeuropa.
 

Blüten wie kleine Schleifchen
 
Für die Arzneimittelherstellung wird die Bittere Schleifenblume in Kulturen angebaut. Zur Erntezeit leuchten die Felder blendend weiß. Die kleinen weißen Blüten verströmen einen starken Duft und sehen aus wie Schleifchen. Die Charakteristika der Pflanze spiegeln sich in ihren vielen Namen wider: Bandblume, Zungenblume, Bittere Schleifenblume und Bitterer Candyduft sind nur eine Auswahl. Weil Bauern früher die Körner aus den Schoten als Ersatz für Senf verwendeten, heißt die Pflanze auch Bitterer Bauernsenf. Wie der Senf zählt die Schleifenblume zu den Kreuzblütlern (Brassicacae).

Insgesamt gibt es ungefähr 30 bis 40 Iberis-Arten. „Einige davon sind sehr beliebte Gartenpflanzen und gehören zu den schönsten Frühjahrsblühern“, erzählt Eva Schmidbauer, Abteilungsleiterin für das Freiland im Botanischen Garten München.

Bewährte Mischung

Iberis amara aber ist in erster Linie eine Arzneipflanze, die bei Magen-Darm-Beschwerden zum Einsatz kommt. Angewendet wird sie meist als Fertigpräparat in Kombination mit anderen Pflanzen. Die häufigste Mischung besteht aus Iberis, Kamillenblüten, Mariendistelfrüchten, Melisseblättern, Kümmel, Angelikawurzel, Pfefferminzblättern und Süssholzwurzel, die sich in ihrer Wirkung gegenseitig ergänzen und verstärken.
 
Kombinationspräparate auf der Grundlage von Iberis amara helfen bei Funktionsstörungen, die vom Oberbauch ausgehen und sich durch Symptome bemerkbar machen können wie Völlegefühl, Magenschmerzen, Sodbrennen, Aufstoßen, Übelkeit und Blähungen. Findet der Arzt keine organische Ursache, so spricht er von „funktioneller Dyspepsie“.

 
Verdauungsfördernde Wirkung

„Iberis wirkt bei solchen Beschwerden wie eine Peitsche, die den Magen antreibt“, erklärt Wolfgang Rösch, Gastroenterologe und ehemaliger Chefarzt am Krankenhaus Nordwest in Frankfurt am Main. Der Magen zieht sich dann besser zusammen, sodass die Nahrung leichter weitertransportiert wird. Außerdem hemmt der Extrakt Entzündungen sowie die Bildung von Magensaft.
 
„Wie viele pflanzliche Arzneimittel besitzt auch der Frischpflanzen-Auszug von Iberis vielfältige Wirkungen“, erzählt Professor Reinhard Saller, Direktor des Instituts für Naturheilkunde am Universitätsspital in Zürich. „Der Komplex der verschiedenen Inhaltsstoffe setzt an unterschiedlichen Punkten an.“ Die Kombination mit anderen Pflanzen erweitert das Anwendungsspektrum nochmals. So entwickelt zum Beispiel die Kamille neben ihrer bekannten entzündungshemmenden Wirkung im Dünndarm auch krampflösende Effekte.
 
Alle wirksamen Substanzen sind in pflanzlichen Kombinationspräparaten auf der Basis von Iberis in relativ niedrigen Konzentrationen vorhanden – „ein großer Vorteil“, meint Gastroenterologe Rösch. „Denn dadurch haben sie praktisch keine Nebenwirkungen.“
 
Zudem seien sie preisgünstig. Sie eignen sich daher gut für eine erste Therapie bei Magen-Darm-Beschwerden, wenn keine direkte organische Ursache zu erkennen ist. Nach zwei bis drei Wochen sollten sich die Beschwerden bessern. Ist das nicht der Fall, muss der Patient einen Arzt aufsuchen. „Dann können auch ernstere Gründe, etwa ein Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwür, hinter den Symptomen stecken“, warnt Rösch. „Dass muss abgeklärt werden.“
 
Gut für den Magen
 
Kamille: entzündungshemmend, krampflösend

Mariendistel: verdauungsfördernd, Lebertherapeutikum

Melisse: beruhigend bei nervösen Magenbeschwerden

Fenchel: gegen Blähungen und Völlegefühl

Pomeranzenschale: appetitanregend

Pfefferminze: verdauungsfördernd, krampflösend

Artischocke: entkrampfend, gallefördernd

Süssholzwurzel: entzündungshemmend
 
Apotheken Umschau, Bildnachweis: PhotoDisc