Bei manchen Menschen kommt eine Blasenentzündung ständig wieder – sie wird chronisch. Zu welchen Therapien Experten raten

Schmerzen im Unterleib, ständiger Harndrang und häufiges Wasserlassen sind meist Zeichen für eine akute Blasenentzündung. Doch wenn die Beschwerden trotz einer Behandlung mit Antibiotika nicht verschwinden oder immer wieder kommen, kann eine interstitielle Zystitis (chronische Blasenentzündung) dahinterstecken.
Bei dieser nicht-bakteriellen Erkrankung ist das Bindegewebe zwischen den Zellen der Blasenwand (Interstitium) chronisch entzündet. Nach Schätzungen von Experten sind in Deutschland rund 25.000 Patienten betroffen.

Starker Harndrang

In neun von zehn Fällen handelt es sich um Frauen. Bis zur Diagnose haben diese oft einen Leidensweg von rund sieben Jahren hinter sich. Je früher mit einer Behandlung begonnen wird, umso größer sind die Chancen, die Blasenfunktion zu erhalten.

Die Lebensqualität der meisten Patienten ist erheblich eingeschränkt: Mehr als 30 Mal am Tag müssen sie zur Toilette. Der Harndrang ist groß, die jeweils ausgeschiedene Harnmenge aber gering. Sie leiden zudem unter starken Schmerzen, sowohl beim Wasserlassen als auch in den Phasen dazwischen.
Die Schmerzen können von der Blase in den Darm, die Genitalien oder den gesamten Beckenbereich ausstrahlen. Die Beschwerden treiben Betroffene nicht selten in eine Depression und führen zu Arbeitsunfähigkeit. Die genauen Ursachen der Symptome sind unbekannt. Eine wichtige Rolle spielt offenbar die Schleimhaut der Harnblase. Forscher vermuten, dass die Glykosaminoglykan-(GAG-)Schicht, welche die Blase auskleidet und schützt, defekt ist. Dadurch können aggressive Stoffe aus dem Harn in Kontakt mit der Blasenwand kommen und eine chronische Entzündung verursachen.

Vor allem Kalium, das der Körper mit dem Urin ausscheidet, scheint dabei starke Schmerzen auszulösen. Ob die Schädigung der GAG-Schicht eine Ursache oder eine Folge der Erkrankung darstellt, ist nach wie vor unklar. Auch Autoimmunreaktionen oder Fehlsteuerungen des Nervensystems könnten eine Rolle spielen, vermuten die Forscher. Heilen lässt sich eine interstitielle Zystitis nicht. In den meisten Fällen können die Beschwerden gelindert werden, auch wenn nur wenige Patienten symptomfrei werden. Die Behandlung sollte auch die geschädigte GAG-Schicht und die Schleimhaut wieder aufbauen.

Für den erneuten Aufbau der Schicht verabreichen manche Urologen Hyaluronsäure und Chondroitinsulfat. Eine neue, kleine Studie – allerdings mit nur zwölf Probanden – deutet darauf hin, dass die regelmäßige Einschleusung einer Kombination dieser Medikamente in die Blase auch noch nach drei Jahren wirksam sein könnte. Die Schmerzen und den Harndrang, so deutet ein aktueller Versuch mit 18 Patienten an, lindert die Kombination von Lidocain und Heparin schnell und wirksam bis zu zwölf Stunden lang.

Weitere Studien notwendig

Die angesehene Cochrane Collaboration verglich im Jahr 2007 in einer Übersichtsstudie die Wirksamkeit verschiedener Substanzen, die per Katheter in die Blase eingeschleust werden können – eine häufig gewählte Methode. Folgende Medikamente kommen zum Einsatz: Resiniferatoxin, Dimethylsulfoxid, Bacillus-Calmette-Guérin (BCG), Pentosanpolysulfat und Oxybutinin. Außerdem bezogen die Wissenschaftler die Erhöhung des pH-Werts im Urin in ihre Bewertung ein. Demnach scheinen BCG und Oxybutinin am ehesten Erfolg zu versprechen.
Bisher gibt es jedoch kaum größere Studien, die Aufschluss darüber geben, welche Behandlungen am besten wirken. Das ist auch der Grund, warum Patienten nicht von einer Standardtherapie profitieren können und die Krankenkassen oft eine Kostenübernahme ablehnen. Auch die Autoren der Cochrane Collaboration betonen, dass mehr aussagekräftige Studien notwendig seien, um in Zukunft klare Empfehlungen für die Therapie aussprechen zu können.

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