Ist der Infekt unkompliziert, braucht es nicht unbedingt ein Antibiotikum. Sanfte Methoden zur Behandlung – und vor allem auch zur Vorbeugung

Die meisten Frauen, die ab und zu unter einer Blasenentzündung leiden, wenden beim ersten Ziehen und Brennen im Unterleib Hausmittel wie Wärmflasche und Tee an, um einer Verschlimmerung entgegenzuwirken.

Manchmal hilft das auch. Doch wenn die Schmerzen nicht verschwinden und schlimmer werden, kommt man um einen Besuch beim Arzt nicht herum. In der Regel verlassen die Patientinnen die Praxis dann mit einem Rezept für ein Antibiotikum in der Hand. Zumindest war es bislang so.

Bakterienkiller oft unnötig
Eine Studie, die im British Medical Journal veröffentlicht wurde, stellt nun infrage, dass es die Bakterienkiller unbedingt braucht, um einen Harnwegs­­infekt auszukurieren. Die beteiligten Wissenschaftler der ­Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) sowie der Universitäten Bremen und Hamburg fanden heraus, dass zwei Drittel der Frauen mit einer unkomplizierten Blasenentzündung allein mit Schmerzmitteln wieder gesund wurden. Unkompliziert bedeutet dabei, dass kein Fieber, keine Schmerzen in der Nierengegend oder Begleit­erkrankungen vorlagen.

Das Forscherteam schloss dementsprechend knapp 500 ansonsten gesunde Frauen in die Untersuchung ein. Sie alle hatten mit typischen Anzeichen eines Harnwegsinfekts eine von 42 zertifizierten Hausarztpraxen in Norddeutschland aufgesucht und wurden nach dem Zufallsprinzip entweder mit dem Antibiotikum Fosfomycin oder mit dem rezeptfreien Schmerzmittel Ibuprofen behandelt – jeweils über drei Tage hinweg.
Die Studienteilnehmerinnen hatten die Möglichkeit, bei anhaltenden Beschwerden erneut den Arzt aufzusuchen und sich gegebenenfalls doch ein Antibiotikum beziehungsweise ein weiteres Antibiotikum verschreiben zu lassen. In der Ibuprofen-Gruppe kamen 35 Prozent der Frauen ein zweites Mal in die Praxis, in der Fosfomycin-Gruppe 15 Prozent. Das Ergebnis: Ein bemerkenswerter Unterschied im Anti­biotikaverbrauch. Die Patientinnen, die ihre Therapie mit Schmerzmitteln begonnen hatten, benötigten 67 Prozent weniger Antibiotika als die Frauen in der Vergleichsgruppe.

Allerdings hatten diese Frauen etwas stärkere Beschwerden, und diese dauerten im Schnitt auch einen Tag länger als bei den mit Antibiotika behandelten Pa­tientinnen. Und: Bei einer insgesamt niedrigen Komplikationsrate traten in der Schmerzmittel-Gruppe fünf Fälle von Nierenbeckenentzündungen mehr auf, die alle ambulant behandelt wurden. Liegt kein Flankenschmerz oder Fieber vor, sollten sich Frauen mit einer Blasenentzündung trauen, neben allgemeinen Maßnahmen mit Schmerzmitteln zu arbeiten, um ihre Beschwerden zu lindern, so das Fazit der Forscher. Diese Empfehlung soll in die ärztlichen Leitlinien zur Behandlung unkomplizierter Harnwegsinfekte einfließen, die derzeit überarbeitet werden. Die Neuerung macht vor allem auch deshalb Sinn, weil viele Keime durch den häufigen Einsatz mancher Breitbandantibiotika bei Blasenentzündung schon gegen die Mittel resistent geworden sind.

Die einst schärfsten Waffen im Kampf gegen hartnäckige Keime nutzen sich ab. Ärzte haben auch keine große Auswahl mehr. Die Zahl der bei Harnwegsinfekten infrage kommenden Antibiotika nimmt nicht unbedingt zu. Neue Antibiotika gegen die sogenannten gramnegativen Bakterien, zu denen mit Escherichia-coli-Keimen auch die häufigsten Auslöser einer Blasenentzündung gehören, werden laut Experten kaum noch zugelassen. Viele Frauen wollen zudem keine Antibiotika nehmen, weil die Mittel die Scheidenflora beeinträchtigen. Das begünstigt Pilzinfektionen.

Besser später als sofort
Versorgungsforscher plädieren dafür, über neue Therapiestrategien nachzudenken. Die „delayed prescription“ – also die spätere Verordnung – gehört dazu. Ein weiterer möglicher Therapieweg: pflanzliche Präparate für die Erst­­behandlung. In Planung ist eine Studie mit Bärentraubenblättern, die keimtötendes Potenzial haben. Aber auch Senföl-Glykoside aus Kapuzinerkresse und Meerrettich verringern die Keim­anzahl in der Harnblase, wie schon vor einigen Jahren eine Studie im Fachmagazin Arzneimittelforschung/ Drug Research gezeigt hat.

Am besten probieren Frauen in Abstimmung mit dem Arzt aus, was ihnen guttut und Erleichterung bringt. Gerade wenn man öfter unter Blasenentzündungen leidet, ist es wichtig, eine geeignete Therapieform für sich zu finden, mit der man schon bei den ersten Symptomen beginnen kann.

Apotheker empfehlen häufig Tees, die die Keime aus der Blase spülen und die Harnwege desinfizieren – geeignet zur Erstbehandlung oder als Begleitung zu anderen Maßnahmen. Die Tees enthalten zum Beispiel Teile von Goldrute, Ortosiphon, Birke oder Brennnessel, die wassertreibend wirken.

Blasenentzündung: So beugen Sie vor
Wenn Sie für Harnwegsinfekte besonders anfällig sind, können Ihnen diese Maßnahmen helfen:

Halten Sie Ihre Füße immer schön warm – auch im Sommer. Eine schon etwas ältere Unter­suchung aus Norwegen hat nämlich gezeigt: Von 29 Frauen, die ihre Füße für eine halbe Stunde in kaltes Wasser tauchten, bekamen immerhin sechs anschließend Probleme mit der Blase. Also lieber dicke Wollsocken anziehen, statt barfuß über den kalten Fliesen­boden zu gehen.

Körpereigene Darmbakterien wie zum Beispiel Escherichia coli und Klebsiella verursachen die meisten Harnwegsinfekte. Sie ­gelangen durch falsche Toilettenhygiene vom After in die Scheide und von da aus in die Blase. Deshalb mit dem Klopapier immer von vorn nach hinten wischen. Zur Reinigung der Intimzone am besten nur Wasser verwenden. Duschgel kann die Haut reizen, sodass sich Bakterien leichter einnisten.
Präparate mit Milchsäurebak­terien stärken die Keimflora der Scheidenschleimhaut. Bei Frauen nach den Wechseljahren haben sich zudem örtlich aufgetragene Östrogene zur Stabilisierung der Schleimhaut bewährt. Mittel zum Einnehmen, die abgeschwächte Darmkeime enthalten, können die Abwehr stärken.

Rezeptfrei erhältliche Cranberry-Extrakte schnitten in Studien zwar vielversprechend, aber insgesamt widersprüchlich ab. Die Beeren-Inhaltsstoffe sollen das Anhaften von Keimen auf der Schleimhaut des Urogenitaltrakts verhindern.

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