Sie sind häufig – und im Alter immer ernst zu nehmen. Was die Blase stärkt und was ihr schadet

 „Alle Welt hält Blasenentzündungen für ein Problem junger Frauen“, klagt Professor Daniela Schultz-Lampel, Urologin am Kontinenzzentrum Südwest in Villingen-Schwenningen. „Dabei sind auch Menschen über 60 besonders gefährdet – Frauen, aber auch Männer.“ Wir beantworten die wichtigsten Fragen. 
 
Was heißt Harnwegsentzündung?
Dahinter steckt eine von Bakterien verursachte Entzündung der Harnwege: der Harnröhre, der Harnblase oder der Harnleiter, die von der Blase zum Nierenbecken führen. Alarmzeichen sind Brennen und krampfartige Schmerzen beim Wasserlassen. Typisch sind auch häufiger Harndrang, Blut im Urin und manchmal Fieber.  
 
Warum sind Frauen gefährdet?
Frauen trifft es deutlich häufiger als Männer, erklärt Gynäkologin Dr. Ingeborg Reckel-Botzem aus Hainburg. „Ihre Harnröhre ist viel kürzer als die der Männer. Deshalb gelangen schneller Keime in die Blase. Dazu kommt, dass Scheiden- und Darmausgang dicht beieinander liegen – und meist sind es Darmbakterien, die die Blasenentzündung verursachen.“
 
Das Risiko steigt in den Wechseljahren: Dann sinkt der Östrogen-Spiegel, und die Schleimhäute bilden sich zurück. Harnröhre und Blase werden anfälliger für Bakterien. Wenn das Muskelgeflecht um die Blase dann noch durch Geburten oder schweres Heben geschwächt ist, kann sie sich nicht mehr komplett entleeren. „Je länger aber der Urin in der Blase bleibt, desto leichteres Spiel haben die Keime“, sagt die Ärztin.
 
Wie riskant sind fremde Toiletten?
Infektionsursache Nummer eins sind Darmbakterien, die in die Blase aufsteigen – und zwar die eigenen. „Fremde Toiletten mögen unangenehm sein, das Infektionsrisiko für eine Blasenentzündung erhöhen sie aber nicht“, erklärt Reckel-Botzem. Dasselbe gilt für das Schwimmbad: „Dort lauern zwar tatsächlich viele Keime. Sie kommen aber nicht so einfach in die Blase.“
 
Infizieren können Frauen sich aber beim Geschlechtsverkehr. Deshalb raten Experten, nach dem Sex die Blase zu leeren, um Erreger wegzuspülen. Auch Scheidenentzündungen und Ausfluss können auf die Blase gehen. Bei Männern sind häufig Bakterien auf der Haut die Ursache, sagt Urologin Schultz-Lampel. „Aber auch eine Infektion durch einen Katheter kann zu einer Blasenentzündung führen.“
 
Schadet Kälte?
Unterkühlung – beispielsweise durch nasse Badekleidung – reizt die Blase und schwächt die Abwehrkräfte. Vorhandene Keime können sich so leichter verbreiten. Wer unterkühlt ist, bekommt daher leichter eine Blasenentzündung. 
 
Wann zum Arzt?
„Ein Reizzustand, etwa nach einer leichten Verkühlung, legt sich meist nach ein, zwei Tagen von selbst wieder“, meint Reckel-Botzem. „Sobald aber Fieber dazukommt, der Urin sich rot verfärbt oder der Schmerz zunimmt, sollte man einen Arzt aufsuchen. Ebenso, wenn es nach zwei, drei Tagen immer noch beim Wasserlassen brennt oder der Bauch zieht.“
 
Wann sind Männer betroffen?
„Vor allem, wenn sie eine vergrößerte Prostata haben, die den Harnabfluss stört“, erklärt Daniela Schultz-Lampel. Dann nämlich kann sich die Blase nicht vollständig entleeren – und der verbleibende Urin bildet ähnlich wie bei Frauen ein Reservoir für Keime. Bestimmte Krankheiten, etwa Diabetes oder Parkinson, erhöhen generell das Infektionsrisiko für die Blase, betont die Urologin: „Wer etwa Diabetes und eine vergrößerte Prostata hat, ist doppelt gefährdet.“
 
Welche Risiken birgt der Infekt?
Wenn eine Blasenentzündung nicht gründlich behandelt wird, können Keime über die Harnleiter in die Niere gelangen und dort eine Nierenbeckenentzündung hervorrufen. Dann sterben funktionstüchtige Nierenzellen ab und werden durch Bindegewebe ersetzt, die Niere verkleinert sich. Eine Nierenbeckenentzündung – Warnsignale sind unter anderem Fieber, Schüttelfrost und Flankenschmerzen, mitunter auch Übelkeit und Erbrechen – muss sofort ärztlich behandelt werden.
 
Wie hilft der Arzt?
Nach einem Gespräch über Beschwerden und Symptome untersucht der Arzt Ihren Urin auf Bakterien, Blut und Eiweiß. Erkennt er eine Entzündung, verschreibt er oft ein Antibiotikum, das es heute auch als Einmalgabe oder zur Kurzzeit-Behandlung gibt. Reckel-Botzem: „Nehmen Sie das Medikament in der Länge und Dosierung, die Ihr Arzt Ihnen nennt. Wenn Sie es früher absetzen, etwa weil die Symptome schon abgeklungen sind, bleiben Restbakterien zurück. Diese können sich wieder vermehren – und sind dann schlimmstenfalls immun gegen das Medikament.“ 
 
Schützt gute Intimpflege?
Ja. Aber übertriebene Pflege kann auch schaden. Sprays oder parfümierte Seifen etwa reizen die Schleimhäute unnötig. Waschen Sie den Intimbereich täglich mit klarem Wasser, und verwenden Sie nur ein- bis zweimal pro Woche ein mildes Reinigungsmittel oder Intimpflege. Frauen nach den Wechseljahren empfiehlt Reckel-Botzem: „Cremen Sie den Scheidenbereich ruhig öfter mal mit einem Pflegepräparat ein, etwa mit Ringelblumensalbe – das tut der Haut gut.“ Wichtig beim Toilettengang: Wischen Sie immer von vorne nach hinten. 
 
Warum ist Trinken so wichtig?
Je länger der Urin in der Blase steht, desto besser können sich Bakterien vermehren. Trinken Sie deshalb reichlich – am besten Mineralwasser oder Tee – um die Blase durchzuspülen und Keime auszuschwemmen. Entleeren Sie Ihre Blase regelmäßig und möglichst vollständig. Auch wenn Sie unterwegs sind und sich mit fremden Toiletten schwer tun, sollten Sie das Wasserlassen nicht hinauszögern. 
 
Was stärkt die Blase?
Heilpflanzen helfen, einer Entzündung vorzubeugen. Es gibt sie in der Apotheke als Tees und zum Teil als Fertigpräparate. So sind Birkenblätter, Löwenzahn, Brennnessel- und Goldrutenkraut für ihre harntreibende Wirkung bekannt. Zu den natürlichen Desinfektionsmitteln gehören Bärentraubenblätter, Kapuzinerkressekraut und Meerrettichwurzel. Auch der Saft von Preiselbeeren oder amerikanischen Cranberries wirkt entzündungshemmend, erklärt Urologin Schultz-Lampel: „Er verdünnt den Urin und macht ihn sauer, sodass tatsächlich Bakterien vernichtet werden.“ Und gerade in der kalten Jahreszeit gilt: Halten Sie sich richtig warm.
 
Wieso kommt der Infekt wieder?
Viele, die einen einfachen Harnwegsinfekt durchgemacht haben, erkranken einige Monate später erneut daran – meist durch den gleichen Erreger, der schon die erste Entzündung hervorgerufen hat. Das liegt oft daran, dass der Patient das Antibiotikum auf eigene Faust abgesetzt hat. Wird der Infekt konsequent angegangen und die Ursachen – etwa Probleme mit der Blasenentleerung – vom Arzt behandelt, ist das Risiko eines Wiederaufflackerns geringer.
 
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