Der Weg zur Insulinpumpe ist oft mühsam – auch für den, der den Zucker anders nicht in den Griff bekommt

Ein prüfender Blick aufs Display, ein Knopfdruck, und schon ist das kleine Ding wieder in der Hosentasche versenkt. Niemand hat Notiz davon genommen. Wer seine Insulinpumpe in der Öffentlichkeit bedient, erregt kaum Aufmerksamkeit damit. Kein Wunder, unterscheiden sich moderne Geräte doch wenig von einem Handy oder MP3-Player. Und die sieht man heute schließlich überall.
 
In Deutschland tragen etwa 40.000 Menschen eine Insulinpumpe – fast ausschließlich Typ-1-Diabetiker. Was einen einfachen Grund hat: Die Pumpentherapie setzt voraus, dass ein Diabetiker die „intensivierte konventionelle Insulintherapie“ (ICT) beherrscht. Er muss in der Lage sein, seine Insulindosis mithilfe regelmäßiger Blutzuckerkontrollen selbstständig anzupassen und dabei die Kohlenhydratmenge seiner Nahrung und Faktoren wie körperliche Bewegung zu berücksichtigen, die sich auf den Blutzucker auswirken. Fast alle Typ-1-Diabetiker, aber nur ein geringer Teil der Typ-2-Diabetiker behandeln sich mit einer intensivierten Insulintherapie.

Ausführliches Gutachten nötig

Doch auch für Typ-1-Diabetiker gestaltet sich der Weg zur Pumpe aufwendig. Die Behandlung ist teuer und wird von den Kassen nicht ohne Weiteres bezahlt. Zwischen 3000 und 4000 Euro kostet allein die Insulinpumpe, dazu kommen rund zwölf Euro pro Tag für Zubehör wie Katheter und Ampullen. Das ist etwa ein Drittel mehr als für eine Therapie, bei der das Insulin mit dem Pen gespritzt wird. Daher verlangen die Kassen eine gute Begründung für den Wechsel auf die Pumpe.
 
„Typische Kandidaten sind etwa Typ-1-Diabetiker, die morgens mit hohen Werten aufwachen, nachts aber in den Unterzucker geraten, wenn sie ihre abendliche Insulindosis erhöhen“, erklärt Diabetologe Dr. Richard Daikeler aus Sinsheim. Mit einer Pumpe lässt sich dieses Problem lösen. Sie wird dann so programmiert, dass sie frühmorgens mehr Insulin abgibt.

Diabetiker mit unregelmäßigem Tagesablauf, zum Beispiel im Schichtdienst, profitieren ebenfalls von der Pumpe, außerdem Diabetikerinnen, die schwanger sind oder werden wollen, da optimale Blutzuckerwerte helfen, Komplikationen bei Mutter und Kind zu verhindern.
 
Im Einzelfall kann die Insulinpumpe auch für einen Typ-2-Diabetiker infrage kommen. Etwa wenn er über 200 Einheiten Insulin pro Tag spritzen muss, um seine Blutzuckerwerte im Normalbereich zu halten. Der Grund kann eine ausgeprägte Insulinresistenz sein. Mit einer Pumpentherapie lässt sich die Insulin-Empfindlichkeit der Zellen häufig bessern. Auch schmerzhafte Nervenschäden können sich dank der Pumpe bessern.
 
Ausführliche Schulung
 
Ganz risikolos ist die Behandlung freilich nicht: Weil die Pumpe nur kurz wirkendes Insulin enthält, drohen bei einer Unterbrechung der Insulingabe rasch Stoffwechselentgleisungen. Wird eine Pumpentherapie beantragt, benötigt die Kasse neben dem ärztlichen Gutachten die Blutzucker-Tagebücher der letzten drei Monate. Darin müssen auch die Insulindosis und der Kohlenhydratgehalt der Mahlzeiten notiert sein.
 
Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) gibt dann eine Empfehlung ab, anhand derer die Kasse entscheidet, ob sie die Kosten übernimmt. Wenn ja, erhält der Diabetiker das Gerät und wird ausführlich geschult – in einer Schwerpunktpraxis oder, falls nötig, einer Fachklinik. Doch erst nach mehreren Monaten Probezeit, wieder mit Dokumentation aller Werte, und einem zweiten Gutachten entscheiden MDK und Kasse endgültig. Mühsame Überzeugungsarbeit für Arzt und Patient, die sich aber oft lohnt. „Wer sich einmal an seine Pumpe gewöhnt hat, will sie meist nicht mehr missen“, so Diabetologe Daikeler.
 
Bildnachweis: W&B/Martina Ibelherr