Essen, Trinken, Bewegung und Sport. Alles dreht sich um die Energie. Was der Körper braucht, damit seine Bilanz stimmt
Übergewicht macht krank oder zumindest schlechte Laune. Es trifft in Deutschland jeden Zweiten, Männer wie Frauen. Als Ursache muss fast alles herhalten: die Drüsen, keine Zeit für Sport oder eine „übergewichtförderliche Umgebung“, etwa Gebäude, in denen man sofort den Fahrstuhl findet, die Treppe aber lange suchen muss. Stimmt alles, mehr oder weniger. Einer Hauptursache schauen wir besonders ungern ins Auge: Wir essen zu viel. Und mit dem Essen und Trinken nehmen wir mehr Kalorien und damit Energie auf, als unser Körper braucht.
Dieses Zuviel an Energie speichert er in seinen Fettdepots. Eigentlich sagt uns der Körper, wie viel wir essen und trinken sollen. Seine Signale sind Hunger-, Durst- und Sättigungsgefühl. Aber wir hören oft nicht auf die Signale. Wir lassen uns vom Angebot verführen und nicht vom Bedarf leiten. Das Hauptgericht macht zwar satt, aber ein Eis passt noch rein. Mit der Zeit geht das Gespür für die richtige Menge und für den Kalorienbedarf verloren.
Was tun? Den Arzt oder die Ernährungsberaterin fragen, wie viel wir essen sollen? Lässt sich der tägliche Bedarf an Kalorien vielleicht messen wie Bauchumfang oder Körpergröße? „Eine exakte Messung ist möglich, aber sehr aufwendig“, sagt die Ernährungswissenschaftlerin Professorin Susanne Klaus vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke.
„Annäherungsweise lässt sich der Kalorienbedarf mithilfe einer Rechenformel bestimmen.“ In die Formel fließt ein, ob man Mann oder Frau ist, jung oder alt, schwer oder leicht. So wird der Grundumsatz ermittelt. Das ist die Energie, die der Körper im Ruhezustand verbraucht: weil wir atmen, weil das Herz schlägt, weil der Darm Nährstoffe aufnimmt, weil das Gehirn denkt.
Mehr Muskeln, mehr Verbrauch
Auch Muskeln spielen beim Grundumsatz eine Rolle. Muskelgewebe ist aktives Gewebe: In den Zellen wird ständig Traubenzucker verbrannt. Auch wenn man auf dem Sofa liegt. Weil Männer mehr Muskeln haben, ist ihr Grundumsatz höher als der von Frauen. Allein wegen seines Körperbaus verbraucht ein Mann pro Tag etwa 240 Kilokalorien mehr als eine Frau.
Der Grundumsatz eines Menschen hängt auch von seiner Veranlagung ab. In manchen Familien neigen Eltern und Kinder zu Übergewicht nicht nur wegen falscher Ernährungsgewohnheiten und Bewegungsmangel, sondern auch, weil ihr Grundumsatz niedrig ist. Innerhalb eines Tages durchläuft der Grundumsatz Schwankungen. So steigt er nach einer Mahlzeit an. Denn einen Teil der Energie, die der Körper mit der Nahrung bekommt, verbraucht er, um sie zu verdauen und die Nährstoffe zu speichern.
Und sogar Wasser, das keine Kalorien enthält, erhöht den Grundumsatz, hat Dr. Michael Boschmann von der Berliner Charité in einer Untersuchung festgestellt. Versuchsteilnehmer, die einen halben Liter zimmerwarmes Leitungswasser tranken, verbrauchten 25 Kilokalorien mehr als andere, die nichts tranken – das entspricht immerhin der Energie von einem Stückchen Schokolade.
In den täglichen Kalorienbedarf fließt neben der Energie für den Grundumsatz auch die körperliche Leistung mit ein: die Aktivität im Alltag, beim Sport, im Beruf. So braucht die Landwirtin rund 700 Kilokalorien pro Tag mehr als die Sekretärin, die vorwiegend sitzt. Bequem für alle, die wissen wollen, ob und wie sehr sich Bewegung „lohnt“: Auf vielen Displays von Fitnessgeräten lässt sich der Kalorienverbrauch ablesen.
„Für ein zuverlässiges Ergebnis sollten Größe, Geschlecht, Alter, Gewicht sowie die Intensität in Watt oder Kilometer pro Stunde, also zum Beispiel schnelles oder langsames Radfahren, einstellbar sein“, sagt Sportwissenschaftler Felix Matthäi von der Sporthochschule Köln. Wenn das Display nach einer halben Stunde Strampeln einen Verbrauch von „nur“ 300 Kilokalorien anzeigt, ist mancher enttäuscht, weil er gerade mal eine halbe Tafel Schokolade weggestrampelt hat.
„Viele Nutzer schätzen den Kalorienverbrauch durch Sport viel höher ein, als er tatsächlich ist“, sagt Matthäi. Wasser auf die Mühlen von Sportmuffeln? Nicht unbedingt, denn nicht nur das bewusste Sporttreiben, sondern auch das unbewusste Aktivsein im Alltag zählt: den Kollegen im Nachbarbüro zu besuchen, statt ihm eine E-Mail zu schicken, im Stehen statt im Sitzen zu telefonieren. Solche Mini- Bewegungseinheiten summieren sich auf bis zu 300 Kilokalorien am Tag.
Vorbild: der Zappelphilipp, der ständig ein bisschen mit dem Fuß wippt, mit den Armen schlänkert, nie still sitzt – und ganz ohne Sport mühelos schlank bleibt. Beneidenswert, wenn sich die Energiebilanz des Körpers wie von selbst reguliert. Die meisten von uns müssen sich allerdings bemühen, ihren Energiehaushalt ins Gleichgewicht zu bringen, und fragen sich: Esse ich lieber weniger, oder bewege ich mich mehr? Die Antwort: am besten beides. Kalorien sparen ist sinnvoll, solange es nicht in Fasten oder Hungern ausartet. Denn dann schaltet der Körper auf Notsituation, und der Grundumsatz sinkt. In diesem Fall bringt Sparen gar nichts.
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