Wenn Kinder verunglücken, müssen sie rasch versorgt werden

Die meisten Kinderunfälle passieren zu Hause. Bis ein Notarzt eintrifft, vergehen in der Regel zehn bis 15 Minuten. Das ist viel Zeit, vor allem wenn ein Kind schwer verletzt ist. Gut, wenn Mama und Papa wissen, was sie jetzt für ihr Kleines tun können. „Alle Eltern sollten einen Erste-Hilfe-Kurs speziell für Säuglinge und Kleinkinder machen, um mit den wichtigsten Maßnahmen vertraut zu sein“, rät Dr. Alexander Dorsch, Notarzt aus Haimhausen bei München.
 
Viele Eltern haben, wie der Experte weiß, Angst, etwas falsch zu machen oder den Zustand ihres verletzten Kindes zu verschlimmern. Dabei ist das Falscheste, was Eltern in einer Notfallsituation tun können, nichts zu tun. Gemeinsam mit dem Notfallmediziner haben wir Tipps für häufige Erste-Hilfe-Situationen zusammengestellt. Einen Kurs können sie jedoch nicht ersetzen.
 
Wie Eltern helfen können:

 

  • Nasenbluten 

Ihr Kind setzt sich am besten hin und hält seinen Kopf gerade oder nach vorne gebeugt. Es darf ihn auf keinen Fall nach hinten legen, da dann das Blut in den Rachen und die Atemwege laufen kann.
 
Ein kaltes Tuch im Nacken bewirkt, dass sich die Gefäße reflexartig zusammenziehen. Hört die Blutung nach zehn bis 15 Minuten nicht auf, sollten Sie zum Arzt fahren.
 

  • Verbrennungen

Nehmen Sie das Kind sofort aus der Brand- bzw. Rauchatmosphäre, und ziehen Sie ihm an den verbrannten Stellen die darüberliegende Kleidung aus (nur wenn diese nicht festgebrannt ist!). Kühlen Sie mit fließendem kaltem Wasser (17 bis 20 Grad) die verletzten Stellen, bis der Schmerz nachlässt. In der Regel dauert das einige Minuten.
 
Ist die Haut kleinflächig verletzt und gerötet, ist kein Arztbesuch nötig. Bilden sich Blasen, müssen Sie Ihr Kleines zum Kinderarzt bringen. Bei großflächigen Verletzungen und wenn der Verdacht besteht, dass auch Atemwege in Mitleidenschaft gezogen wurden, sofort den Notarzt rufen!
 

  • Verschluckter Gegenstand

Kleine Dinge können in Luft- oder Speiseröhre stecken bleiben. Das Kind atmet dann schlecht, hat Schluckbeschwerden, erhöhten Speichelfluss und muss husten. Rufen Sie sofort den Notarzt.
 
Droht es jedoch zu ersticken, müssen Sie unverzüglich handeln: Legen Sie sich das Baby der Länge nach mit dem Bauch nach unten in Kopftieflage auf einen Oberschenkel, ein größeres Kind über das Knie oder über eine Stuhllehne. Mit bis zu fünf Schlägen zwischen die Schulterblätter den Gegenstand losrütteln. Hilft das nicht, legen Sie das Kleine auf den Rücken und drücken bis zu fünfmal auf den Brustkorb.
 

  • Sturz auf den Kopf

Meist ist ein Unfall dieser Art harmlos. Eltern merken das daran, dass ihr Kleines nach dem Sturz sofort schreit. Beobachten Sie es aber 24 Stunden.
 
Warnzeichen für eine schwere Schädelverletzung: Das Kind wird kurz ohnmächtig, es ist schläfrig oder sein Wesen verändert. Rufen Sie sofort den Notarzt. Wenn Ihr Kind bei Bewusstsein ist, sich aber nicht an den Unfall erinnert, an Kopfschmerzen oder Übelkeit leidet, sollten Sie umgehend zum Arzt.
 

  • Bewusstlosigkeit

Verliert ein Kind das Bewusstsein, holen Sie sofort den Notarzt. Da es ersticken könnte, machen Sie zuerst die Atemwege frei. Legen Sie es auf den Rücken. Bei Säuglingen und Kindern bis zwei Jahren bringen Sie den Kopf in Schnüffelposition: Er ist nicht nach vorne oder hinten gebeugt, wird also nicht überstreckt.
 
Kontrollieren Sie dann die Atmung: Halten Sie Ihr Ohr an den Mund des Kindes und prüfen Sie, ob sich sein Brustkorb hebt und senkt. Ist das der Fall, bringen Sie das Kind in die stabile Seitenlage.
 

  • Herz-Kreislauf-Stillstand

Das Kind atmet nicht und hat auch sonst keine Lebenszeichen – ein extremer Notfall, der sehr selten vorkommt. Nur eine Wiederbelebung mit Beatmung und Herzdruckmassage kann das Kleine nun retten.
 
Überstrecken Sie dafür seinen Kopf vorsichtig (nicht bei Kindern bis zu zwei Jahren!). Atmen Sie ein wenig Ihrer Ausatemluft in den Mund (bei größeren Kindern) bzw. in Mund und Nase gleichzeitig (bei Babys). Warten Sie eine Sekunde. Noch viermal wiederholen. Dann beginnen Sie mit der Herzdruckmassage. Drücken Sie dazu am unteren Drittel des Brustbeins mit zwei Fingern – bei Kindern ab einem Jahr mit den Handballen – den Brustkorb ein Drittel ein. Auf 30 Herzdruckmassagen folgen zwei Beatmungen, dann wieder 30 Herzdruckmassagen usw. Drücken Sie immer etwa ein- bis zweimal pro Sekunde.
 
Wichtig: Diese Technik sollten Sie unbedingt in einem Kurs üben.
 

  • Ertrinken

Eltern sollten keine Zeit mit dem Versuch verlieren, Wasser aus dem Körper ihres Kindes zu entfernen. Hat das Kind einen Herz-Kreislauf-Stillstand, müssen Sie es sofort mit Beatmung und Herzdruckmassage wiederbeleben.
 
Selbst wenn das Kleine nicht bewusstlos war und sich von dem Unfall schnell erholt, sollten Sie mit ihm vorsichtshalber zum Arzt.
 
SOS-Nummern
 
Notarzt: Ihr Kind hat sich verletzt und Sie sind unsicher, wie Sie ihm helfen können? Rufen Sie sofort einen Rettungsdienst über die 112 an; in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Teilen Bayerns wählen Sie die 19 222.
 
Giftnotruf: Ihr Kleines hat sich vergiftet? Kontaktieren Sie eine lokale Giftnotrufzentrale. Die Nummern finden Sie zum Beispiel unter www.babyundfamilie.de. Notieren Sie diese griffbereit auf einem Zettel.
 
05.09.08, Baby und Familie, Bildnachweis: PhotoDisc/RYF