Die aromatischen Früchte helfen bei Völlegefühl und Blähungen, zudem lindern sie Atemwegsinfekte

Die einen lieben sein würziges, anisartiges Aroma, die anderen können ihn nicht ausstehen: Beim Fenchel scheiden sich, zumindest in kulinarischer Hinsicht, die Geister. Anders in der Naturheilkunde, wo er seit 5000 Jahren als bewährtes Heilmittel gilt. Fenchel (Foeniculum vulgare) gehört zu den Doldenblütlern und stammt aus dem Mittelmeerraum und dem Orient.
 
Die ältesten Berichte über seine Verwendung kommen aus dem Zweistromland Mesopotamien. Später schrieb der griechische Arzt Dioskurides über den Fenchel, gut sei das Kraut „wider die Gebrechen der Nieren und Blasen, dieweil es nämlich den Harn treibt“, und „mit kaltem Wasser getrunken, sänftiget es den Unwillen und die Hitze des Magens“. Im 9. Jahrhundert brachten Benediktinermönche die Gemüsepflanze über die Alpen in unsere Breiten, kultivierten sie und beschrieben ihre Wirkkräfte in den Büchern der Klostermedizin.

Die moderne Naturheilkunde verwendet überwiegend die Früchte des Bitterfenchels, der in speziellen Kulturen – meist im südlichen Europa – angebaut wird. Wildsorten sind für medizinische Zwecke nicht geeignet; sie enthalten relativ hohe Mengen an Estragol, einem Stoff, der als krebserregend in der Kritik steht.

„Ansonsten ist Fenchel ein gut verträgliches Naturheilmittel und nahezu frei von Nebenwirkungen“, sagt Dr. Roman Huber, leitender Arzt am Zentrum für Naturheilkunde an der Universität Freiburg. Verantwortlich für die heilsamen Effekte sind ätherische Öle, die zu etwa 70 Prozent aus Anethol und zu etwa 15 Prozent aus Fenchon bestehen.

Es gibt zwei Verfahren, um die Früchte zu ernten. Für die „Kammware“ werden sie mit Spezialwerkzeugen aus der krautigen Pflanze herausgekämmt. Bei der „Strohfenchel-Ernte“ trocknen die Pflanzen nach dem Mähen in Bündeln und werden anschließend gedroschen.

Besonders Mütter von Babys schwören auf die heilsamen Wirkungen der Fenchelfrüchte. Die Volksheilkunde empfiehlt beispielsweise Fencheltee, um bei Stillenden die Milchbildung anzuregen. Klinische Studien gibt es hierzu zwar kaum, „doch die Erfahrungen, die Mütter und Hebammen über Generationen hinweg gemacht haben, sprechen für die positiven Effekte“, ist Roman Huber überzeugt.

Auch gegen schmerzhafte Koliken hilft Fenchel. „Diese Wirkung wurde durch eine Reihe von Studien recht gut dokumentiert“, sagt Huber und verweist auf eine Untersuchung der medizinischen Akademie im russischen St. Petersburg mit mehr als 120 Säuglingen, die mit Darmkoliken zu kämpfen hatten: Babys, die Fenchel bekamen, litten deutlich seltener unter Koliken als Säuglinge der Kontrollgruppe, die wirkstofffreie Präparate erhielten. Der Grund: Die ätherischen Öle fördern die Darmbewegungen, lösen Krämpfe und lindern so schmerzhafte Blähungen.

Schwangere sollten Fenchelöl ohne ärztlichen Rat nicht über mehrere Wochen anwenden, und bei Babys und Kleinkindern kann das Öl akute Atemnot hervorrufen. Honig mit Fenchelextrakten eignet sich ebenfalls nicht für Kinder im ersten Lebensjahr. Besser: Tees mit Fenchel aus der Apotheke.

„Auch bei Husten ist Fenchel ein wirksames Mittel“, sagt Huber. „Seine Inhaltsstoffe lockern die Bronchialmuskulatur, fördern den Abtransport des zähen Schleims und hindern Bakterien daran, sich zu vermehren.“

Bildnachweis: W&B/Sertürner