Sport ist gesund – aber nur, wenn man es nicht übertreibt und Warnzeichen ernst nimmt

Bill Clinton merkte seit Monaten, dass etwas mit ihm nicht stimmte. Beim Joggen war er kurzatmiger als sonst, zeitweilig spürte er einen brennenden Schmerz hinter seinem Brustbein. Als er sich schließlich zu einem Arztbesuch entschloss, ließen die Herzspezialisten den ehemaligen US-Präsidenten gar nicht mehr nach Hause: Seine Herzkranzgefäße waren zu 90 Prozent durch Ablagerungen verschlossen, ein Infarkt stand unmittelbar bevor.

Herzinfarkt beim Sport: keine Seltenheit
Der Ex-Präsident hatte Glück im Unglück: Nach einer Bypass-Operation geht es ihm inzwischen wieder besser. Doch nicht wenige Freizeitsportler haben schon mit dem Leben dafür bezahlt, dass sie die Warnsignale ihres Körpers missachtet oder verdrängt haben. Eine Untersuchung des Zentrums
für Rechtsmedizin der Universität Frankfurt vor wenigen Jahren ergab, dass Herzinfarkte die Hauptursache für plötzliche Todesfälle beim Sport sind. Mehr als die Hälfte der Betroffenen hatten vorher nicht über Beschwerden geklagt, die meisten anderen hatten nur über unspezifische Symptome wie Übelkeit, Magenschmerzen oder Unwohlsein berichtet.

Vor dem Sport zum „TÜV“
Sportmediziner haben daher einen klaren Rat an alle, die nach jahrelanger Trägheit plötzlich sportlich durchstarten wollen: „Sie sollten vor dem Wiedereinstieg unbedingt beim Arzt einen Belastungstest machen“, sagt Dr. Peter Zimmer, Oberarzt und Diabetologe am Klinikum Ingolstadt. Mit diesem Test lässt sich feststellen, ob das Herz auch unter Belastung noch ausreichend durchblutet wird, und wie Puls und Blutdruck auf die körperliche Anstrengung reagieren.

Ideal für Patienten: Sport in speziellen Gruppen
Wenn ein Patient Herzprobleme hat, bedeutet das nicht automatisch ein absolutes Sportverbot. Nur in fortgeschrittenen Fällen ist ein sofortiger Eingriff nötig. Oft reicht es aber, die Risikofaktoren mit Medikamenten und der Umstellung auf eine gesündere Lebensweise zu kontrollieren. Dazu gehört natürlich auch regelmäßige Bewegung. Dr. Zimmer rät Patienten mit Herzproblemen, nicht auf eigene Faust Sport zu treiben, sondern sich einer Herzsportgruppe anzuschließen. Das Training ist auf die besondere Situation der Herzpatienten abgestimmt, außerdem ist immer ein Arzt anwesend, der im Notfall helfen kann. Diabetikern ohne Herzprobleme empfiehlt Zimmer eine Diabetes- Sportgruppe. Diabetes- Sportgruppen in der Region
findet man über die Landesverbände des Deutschen Behinderten Sportverbands (www.dbs-npc.de).

Bietet viele Vorteile: Nordic Walking
Ein Sport, der wegen seiner vielen Vorteile immer beliebter wird, ist das Nordic Walking. „Durch den Stockeinsatz beansprucht Nordic Walking besonders viele Muskelgruppen“, erklärt Dr. Zimmer. „Das verbraucht mehr Energie und verbessert die Insulinempfindlichkeit, was vielen Typ-2-Diabetikern hilft, bessere Blutzuckerwerte zu erreichen.“ Ein weiteres Plus: Durch die Stöcke werden die Gelenke entlastet, was vor allem Übergewichtigen entgegenkommt.

Faustregel für das Training
Egal ob Nordic Walking oder andere Sportarten: Immer ist es wichtig, sich nicht zu übernehmen. Eine Faustregel: Sie sollten sich beim Sport noch flüssig unterhalten können. Noch sicherer ist es, nach Puls zu trainieren. Für Untrainierte gilt als Richtgröße für den Trainingspuls die Formel: 220 minus Lebensalter, davon 60 Prozent. Beispiel: 220 – 55 = 165; 60 Prozent davon sind 99 – schneller sollte der Puls nicht sein.

Trainings-Programm in kleinen Schritten
Wer jahrelang keinen Sport mehr getrieben hat, ist oft erstaunt, mit wie wenig Anstrengung er seinen medizinisch sinnvollen Trainingspuls erreicht. Besonders an Steigungen kann der Puls in gefährliche Höhen klettern. Sehr nützlich sind deshalb so genannte Herzfrequenzmessgeräte, die es z.B. in der Apotheke gibt. Während Herz und Kreislauf bei regelmäßigem Training schnell leistungsfähiger werden, brauchen Gelenke, Sehnen und Knochen deutlich mehr Zeit. Experten raten deshalb, das Training in kleinen Schritten, über Wochen und Monate zu steigern. Und vergessen Sie dabei nie, auch Tage der Erholung einzuplanen.

Insulinbedarf beim Sport: eine individuelle Angelegenheit
Bei insulinpflichtigen Diabetikern kommt neben der Überlastungsgefahr ein weiteres Problem hinzu: Wie stimme ich die Insulinmenge auf den Sport ab? „Hierfür gibt es keine Faustregeln“, sagt Dr. Zimmer. „Jeder muss individuell herausfinden, wie sich sein Insulinbedarf durch Bewegung verändert.“ Zimmer veranstaltet zu diesem Thema einmal im Jahr ein Sportwochenende in Unterjoch im Allgäu. (Informationen unter Tel. 08 41/8 80 21 67).
Diabetiker Ratgeber

(Bildnachweis: Foto: Stockbyte/RYF)