Vormittags ein Schokoriegel, nachmittags Kuchen und abends ein paar Cracker – wir naschen viel zu viel. Mit diesen Strategien überlisten Sie Ihre Gelüste

Gesund essen, klar, das will jeder. Theoretisch auch gar kein Problem. Nie wussten die Menschen so viel über Kalorien, Eiweiße und Fette, nie gab es so viele Ernährungsprogramme wie heute. Und doch tragen immer mehr schwer am Übergewicht. Jetzt zeigten spanische und amerikanische Forscher: Häufig sind die kleinen Naschattacken schuld. Heißhunger entsteht vor allem, wenn es im Alltag hektisch wird.
 
Keiner kennt das besser als Mütter: Zwischen Babybrei kochen, Wohnung putzen und Einkaufszettel schreiben reicht es oft nur zur Mini-Mahlzeit. Aber bald knurrt der Magen wieder – und schon muss der Schokoriegel her.
 
Auch die Ernährungspsychologin Dr. Ilona Bürgel aus Dresden kennt den kleinen Hunger zwischendurch. „Ich versuche dem vorzubeugen“, sagt die Expertin. Hier verrät sie ihre sieben Strategien gegen die Naschsucht:
 
1. Pflegen Sie Routinen!
 
Ob drei große Mahlzeiten oder fünf kleine – welcher Ernährungsrhythmus für einen passt, weiß man selbst am besten. Wichtig: Sie sollten regelmäßig essen. „Denn wer beim Essen Routine einhält, gerät nicht in ein Hungerloch“, sagt die Ernährungspsychologin. Fallen Mahlzeiten aus, werden so genannte Neuropeptide gebildet, die einen wahren Heißhunger auslösen. Dazu passt, was eine schwedische Untersuchung jüngst belegte: Menschen, die unregelmäßig essen, entwickeln leichter Übergewicht. 

Sie neigen aber dazu, im Alltag öfter mal das Mittagessen zu streichen? Dann kann es Ihnen helfen, eine feste Zeit und einen festen Ort zum Essen zu wählen oder ein Ernährungstagebuch zu führen. US-Forscher zeigten im Rahmen einer Studie mit 1700 übergewichtigen Teilnehmern: Diejenigen, die täglich über ihre Ernährung Buch führten, nahmen doppelt so viel ab wie die, die keine Aufzeichnungen machten. Der Grund: Sie konnten ihre Mahlzeiten besser kontrollieren und entwickelten weniger Heißhungerattacken.
 
2. Genießen Sie!
 
Zugegeben, Fastfood und Fertiggerichte sind praktisch, denn sie lassen sich schnell zubereiten und verzehren. Aber, so Ilona Bürgel: „Es ist wichtig, sich Zeit zu nehmen.“ Denn erst 15 Minuten nach Beginn einer Mahlzeit sendet der Körper Sättigungssignale, egal ob man schnell oder langsam isst. 

Langsam-Esser profitieren daher doppelt: Sie nehmen weniger Kalorien auf und verdauen besser. Ihr Sättigungsgefühl hält länger an. Ganz wichtig: „Essen Sie sich zu den Mahlzeiten satt“, empfiehlt die Psychologin. „Die meisten unterschätzen, wie viel sie essen müssen.“ Sie nehmen zu wenig zu sich. Aber wenn der Körper nicht bekommt, was er braucht, geht er automatisch auf Nahrungssuche. Folge: Man nascht. Und: Genuss funktioniert nicht nebenbei. Wer beim Fernsehen isst, merkt oft nicht, was er aufnimmt. Genießen Sie deshalb in Ruhe!
 
3. Snacken Sie richtig!
 
„Zwischenmahlzeiten an sich sind nicht unbedingt schlecht. Es kommt nur darauf an, was man isst“, sagt Ilona Bürgel. Klingt logisch, denn die Tafel Schokolade bringt mehr Kalorien als etwa ein Apfel oder eine Karotte. Außerdem lässt der Zucker in den Süßigkeiten den Blutzucker schnell steigen und fallen – man verspürt erneut Heißhunger. 

Snacks wie Naturjoghurt mit frischen Früchten oder Kräuterquark hingegen lassen den Blutzuckerspiegel nicht so rasch ansteigen. Achten Sie auch auf genügend Ballaststoffe. Ein Glas Apfelsaft liefert rund 100 Kalorien, so viel wie ein Apfel. Aber: Der Apfel enthält mehr Ballaststoffe und sättigt länger.
 
4. Entspannen Sie sich!
 
Steht der Körper unter Stress, aktiviert er das Hormon Kortisol. Und schon bekommt man Heißhunger, denn der Körper verlangt nach Energie. Evolutionär gesehen war das eine super Überlebensstrategie, denn nur wer viel Energie hatte, konnte im harten Leben bestehen. Doch heute ist diese Reaktion nicht unbedingt von Vorteil. „Der Körper kann die zusätzliche Energie nicht verarbeiten“, erklärt Bürgel. Im Gegenteil: Sie bleibt an den Hüften sitzen. 

Übrigens, auch ausreichend Schlaf und Sport senken den Kortisolspiegel im Blut. Schöner Nebeneffekt: Die Pfunde purzeln.
 
5. Halten Sie mal inne!
 
Ein Griff in die Tüte und schwupps wandern die Gummibärchen in den Mund. Aber warum eigentlich? „Oft isst man nebenbei, ohne Hunger zu verspüren“, sagt die Ernährungspsychologin. Deshalb rät sie: „Halten Sie einen Moment inne und fragen Sie sich: Habe ich wirklich Hunger?“ 

Falls ja, machen Sie sich lieber einen frischen Obstsalat. Davon haben Sie mehr. Manchmal nascht man auch einfach aus Langeweile, Frust oder weil man das Bedürfnis hat, sich zu belohnen. Bei manchen ist der Fernsehabend untrennbar mit kleinen Knabbereien verbunden. Brechen Sie mit der Gewohnheit: „Versuchen Sie, solche Reize zu erkennen und zu vermeiden“, so Bürgel.
 
6. Trinken Sie ausreichend!
 
Oft stammt das Knurren im Magen gar nicht vom Hunger. „Gerade Frauen trinken häufig zu wenig“, sagt die Expertin. Ihr Tipp: Erst mal ein Glas Wasser oder eine Tasse Tee trinken. Mindestens zwei Liter Flüssigkeit sollte man pro Tag zu sich nehmen. Vorsicht bei Säften und Limonaden! Denn sie enthalten viele Kohlenhydrate, der Blutzucker steigt und fällt schnell, was erneut die Naschlust weckt.
 
7. Gönnen Sie sich etwas!
 
Kaum einer schafft es, Süßigkeiten oder Chips vollständig aus seinem Leben zu verbannen. Ein absoluter Verzicht frustriert auf Dauer nur – und mündet letztendlich fast immer in einem Essanfall. Deshalb sagt Ilona Bürgel: „Verbieten Sie sich nichts komplett.“ Sie empfiehlt, einmal pro Woche einen Joker-Tag einzulegen. An diesem Tag dürfen Sie alles essen, worauf Sie Appetit haben, unter einer Voraussetzung: Sie schränken sich die restliche Woche über ein. Dahinter steckt ein ganz simpler Psycho- Trick: „Wenn man weiß, dass ein Verbot nicht jeden Tag gilt, fällt das Durchhalten gleich viel leichter.“

 
Bildnachweis: Photo Disc/RYF