Tiere können Hautpilze übertragen. Gerade im Winter gibt es manche unliebsame Bescherung
Sie sind für das bloße Auge unsichtbar, nisten sich in der Haut ein und ernähren sich von dem Eiweiß Keratin. Die Rede ist von Hautpilzen, die vom Tier auf den Menschen übergehen. Sie können bei ihrem neuen Wirt eine sogenannte zoonotische Dermatose (griechisch zoon = Lebewesen, nosos = Krankheit) auslösen. Schätzungsweise 10000 Menschen stecken sich jährlich bei einem Tier mit Hautpilzen an – meist bei einer Katze. Aber auch Hunde, Hamster, Kaninchen, Pferde und Ratten können sie übertragen. Zu Weihnachten haben die Mikroben Hochkonjunktur.
„Viele Betroffene bringen den Pilz aus dem Urlaub im Sommer mit“, erklärt Professor Hans Jürgen Tietz vom Institut für Pilzkrankheiten und Mikrobiologie in Berlin die saisonale Häufung. Fast alle streunenden Katzen in südlichen Regionen sind infiziert. Beim Streicheln und Kuscheln gelangt der Pilz auf die menschliche Haut. Nach zehn Tagen zeigen sich dort die ersten Veränderungen: kreisförmige Flecken mit geröteten Rändern. Es juckt, und die Haut schuppt sich. Vor allem Oberarme und Brust werden befallen. Die Handinnenfläche verschont der Pilz in der Regel.
Trotz dieser klaren Symptome verschleppen manche Menschen die Erkrankung. So breitet sich der Pilz über den Körper aus und gelangt schließlich dahin, wo ihn keiner mehr übersehen kann: auf den Kopf. Dort hinterlässt er handtellergroße kahle Stellen. Wer sich im Sommerurlaub ansteckt, bei dem zeigen sich die Folgen oft erst einige Monate später im Winter. „Daher bekommen Hautärzte solche Patienten vor allem um Weihnachten herum zu Gesicht“, sagt Tietz. Ist die Ausbreitung weit fortgeschritten, wird die Behandlung langwierig und dauert mitunter bis zu ein Jahr.
Hat sich jemand infiziert, trifft es oft auch die anderen Familienmitglieder. Der Pilz geht nämlich nicht nur vom Tier auf den Menschen über – er wird auch von Mensch zu Mensch und von Mensch zu Tier übertragen.
So weit muss es jedoch nicht kommen, denn sowohl die Vorbeugung als auch die Therapie im Frühstadium sind einfach. Erste Regel für den Urlaub: Hände weg von streunenden Katzen und Hunden! Das gilt auch für Fernreisen, denn die Hautpilze sind auf der ganzen Welt zu Hause. Doch gerade Kinder können oft nicht widerstehen, wenn die süßen Streuner am Strand herumtollen. War der Kuscheldrang dann einfach zu groß, hilft es, die betroffenen Hautstellen anschließend gründlich zu waschen, zu trocknen und vorsichtshalber ein Antipilzmittel aufzutragen, ein sogenanntes Antimykotikum. Die rezeptfreien Mittel gehören, so Tietz, in die Urlaubsapotheke.
Im Gegensatz zu Antibiotika löst der Einsatz von Antimykotika keine Resistenzen gegen das Medikament aus. Zudem gelten Antipilzmittel als sicher und nebenwirkungsarm. Aus diesen Gründen hat der Gesetzgeber die Therapie von Pilzinfektionen zur Selbstmedikation in die Hände des Patienten übergeben. „Im Anfangsstadium kann sich der Betroffene gut selbst behandeln. Der Apotheker berät bei der Wahl des passenden Wirkstoffs. Ein Arztbesuch ist nicht zwingend notwendig“, betont Professor Hans Jürgen Tietz.
Wer die Infektion nicht behandelt, riskiert nicht nur Spätfolgen für die Haut, sondern gefährdet auch andere Menschen. Denn der Pilz verbreitet sich leicht – in der Familie, im Kindergarten, in der Schule oder am Arbeitsplatz.
„Die Selbstmedikation hat jedoch Grenzen“, mahnt Tietz. Sind auf der Haut mehr als acht Infektionsherde zu sehen und kommen beispielsweise am Rücken oder im Gesicht noch neue Stellen hinzu, ist in jedem Fall ein Besuch beim Hautarzt angezeigt.
Dieser kann auch den Auslöser dingfest machen. Dazu schabt der Arzt einige Hautzellen von den betroffenen Stellen ab und lässt die Pilze im Labor wachsen. Nach etwa einer Woche ist der Übeltäter erkannt. In der Hälfte der Fälle handelt es sich um den Fadenpilz Microsporum canis, der vor allem Katzen und Hunde befällt. Seltener finden sich die Fadenpilze Trichophyton mentagrophytes oder T. verrucosum, die bei Meerschweinchen beziehungsweise Rindern verbreitet sind. Je nach Befund wird der Hautarzt zusätzlich zur äußerlichen auch eine innerliche Therapie einleiten. Sie hängt von der Art des Pilzes ab und dauert je nach Schwere der Erkrankung einige Wochen bis Monate.
Nicht nur im Urlaub ist Vorsicht angebracht, auch in den eigenen vier Wänden droht Pilzalarm. Rund 30 Prozent der heimischen Rassekatzen sind einer Untersuchung der Tierhochschule Hannover zufolge mit einem Hautpilz infiziert. Bei Hunden fehlt eine entsprechende Studie.
In jedem Fall gilt: Die vom Tier übertragenen Pilze sind hochinfektiös. Schon eine einzige Berührung zwischen Tier und Mensch reicht für eine Ansteckung aus. Wer beispielsweise zu Weihnachten ein Haustier geschenkt bekommt, sollte in den folgenden Wochen ein wachsames Auge auf seine Haut haben und das Verhalten des neuen Hausgenossen beobachten. Ist er mit einem der drei Fadenpilze infiziert, kratzt er sich häufiger. Im Fell finden sich Bereiche mit abgebrochenen Haaren und kreisförmige, haarlose Stellen.
Zeigt sich zwei Wochen nach dem ersten Kontakt kein auffälliger Hautausschlag beim Menschen, ist das Tier vermutlich pilzfrei. Fängt die Haut jedoch an „zu blühen“, könnte ein Pilzbefall die Ursache sein. Wegen der Gefahr einer wiederholten Ansteckung muss bei einer Pilzinfektion des Menschen auch das Tier vom Tierarzt mitbehandelt werden.
Vom Tier übertragene Hautpilze sind gut zu behandeln, wenn die Therapie rechtzeitig erfolgt. Die Angst vor Pilzen sollte also kein Grund sein, sich gegen ein Haustier zu entscheiden. Auch bei einer chronischen Hauterkrankung ist die Gesundheit nicht in Gefahr. Im Gegenteil: Menschen, die unter Schuppenflechte (Psoriasis) leiden, sind in gewisser Weise gegen die Infektion geschützt. Ihre Haut wächst so schnell, dass sich die Pilze erst gar nicht einnisten können.
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