Seine ätherischen Öle duften nicht nur verführerisch, sie beruhigen auch. Was in Studien nachgewiesen wurde

Unübersehbar ist der Lavendel in der französischen Provence, wo er eine besonders lange Tradition als Nutzpflanze besitzt. Schon vor Jahrhunderten ernteten in den Mittelgebirgen Südeuropas Bauernfamilien per Hand mit kleinen Sicheln die Blütenstängel des robusten Halbstrauchs (unterer Teil holzig, oberer Teil treibt jährlich neu).
 
Geschichtsträchtige Pflanze 
 
Destilliert wurde damals in großen Kupferkesseln über dem offenen Feuer; heute läuft die Produktion des begehrten Öls industriell ab. Die Ursprünge der Gewinnung von Lavendelöl reichen weit zurück. „Man verwendet es, seit man destillieren kann“, erzählt der Aromaölexperte Professor Dr. Dietrich Wabner von der Natural Oils Research Association München. „Diese Anfänge liegen 5000 bis 6000 Jahre zurück im Industal im heutigen Pakistan.“
 
Damals war Lavendel eines der wenigen verfügbaren Heilmittel und daher gefragt bei vielen Gesundheitsproblemen. Die spätere Volksmedizin nutzte ihn bei so unterschiedlichen Beschwerden wie Migräne, Krämpfen oder Asthma bronchiale. Groß ist die Spannbreite der Einsatzmöglichkeiten auch heute noch in der Aromatherapie. Es gibt mehr als 100 Lavendelarten, von denen therapeutisch hauptsächlich der Echte Lavendel (Lavendula angustifolia) zum Einsatz kommt.
 
Gemisch aus 180 Bestandteilen

 
Die Pflanze gehört zu den Lippenblütlern und hat kleine, blauviolette Blüten, die in Scheinähren sitzen. Diese werden geerntet, bevor sie sich vollständig entfaltet haben. Dann trocknen sie in der Sonne, um den Verlust an ätherischem Öl gering zu halten. Lavendelöl besteht aus etwa 180 verschiedenen Bestandteilen; die wertbestimmenden Inhaltsstoffe sind vor allem Linalylacetat und Linalol.
 
Beim Einatmen wirkt es beruhigend und ausgleichend. „In den 90er-Jahren haben wir in klinischen Studien gezeigt, dass Lavendelölbäder den Schlaf verbessern können“, erklärt Dr. Bernhard Uehleke, Spezialist für Naturheilkunde an der Charité in Berlin. „Man dosiert mindestens zwei Gramm ätherisches Öl auf 100 Liter Badewasser und fügt einen Lösungsvermittler hinzu, etwa einen halben Becher Sahne.
 
Gut für den Magen 
 
“Für kleine Kinder eignen sich Lavendelsäckchen unter dem Kopfkissen als Einschlafhilfe.„Wer mag, kann im Sommer auch Lavendelsträußchen in der Nähe des Betts aufhängen“, schlägt Wabner vor. Lavendeltee lindert nervöse Magenbeschwerden, und sogar bei leichten depressiven Verstimmungen erfahren viele Patienten eine Besserung.
 
Die Wirkung erklären Experten damit, dass im Gehirn vermehrt der Botenstoff Serotonin ausgeschüttet wird, der die Laune hebt. „Bei Übererregbarkeit und Reizbarkeit empfiehlt es sich, Lavendelöl innerlich anzuwenden. Ein bis vier Tropfen auf ein Stückchen Brot oder einen Zuckerwürfel geträufelt, reichen völlig“, weiß Dr. Uehleke.
 
Kinderfreundlich

Ein Pluspunkt für alle Präparate mit Lavendel: Sie besitzen so gut wie keine Nebenwirkungen, und auch Kinder kann man sanft damit behandeln. Entsprechend groß ist die Nachfrage. Jährlich gewinnen die Produzenten etwa 1000 Tonnen Öl aus den Blüten des Echten Lavendels, wobei heute Bulgarien und Tasmanien die Hauptanbaugebiete sind. „Besonders hochwertiges Öl kommt aber nach wie vor aus der französischen Provence“, sagt Dietrich Wabner.
 
Bildnachweis: W&B/Fischer