Bei ersten Anzeichen von Lippenherpes gilt es, schnell zu reagieren. Das verkürzt die Krankheitsdauer

Unheilvoll beginnt es an der Lippe zu kribbeln. Zu sehen ist noch nichts, aber wer das Gefühl kennt, weiß Bescheid: In spätestens zwei bis drei Tagen wird ein unansehnliches Herpes-Bläschen am Lippenrand blühen. Gegen eine Infektion mit dem Erreger ist der Körper nahezu machtlos. Mehr als 90 Prozent der Menschen sind – häufig schon seit Kindheitstagen – mit dem Herpes-simplex-Virus Typ 1 infiziert. Die meiste Zeit lauert es versteckt in bestimmten Nervenzellen. Ist das Immunsystem geschwächt, greift das Virus an. „Es gelangt dann über die Nervenbahnen zur Haut und vermehrt sich dort weiter. Dadurch entsteht der Lippenherpes“, erklärt Professor Wolfram Brune, Virologe am Heinrich-Pette-Institut in Hamburg.

Die Ursachen für eine Schwächung des Immunsystems, die zum Ausbruch führen können, sind vielfältig. Neben anderen Infektionen und chronischen Erkrankungen können auch eine intensive Sonneneinstrahlung, kleine Verletzungen und Stress die Abwehrkräfte lahmlegen.
Bei einfachen Ausbrüchen von Lippenherpes (Herpes labialis) entsteht ein kleines Bläschen, das normalerweise innerhalb von acht bis zehn Tagen abheilt. Zur Behandlung im Anfangsstadium genügt eine anti­virale Creme mit den Wirkstoffen Aciclovir oder Penciclovir, die bereits bei ersten Anzeichen wie Kribbeln oder typischen Spannungsgefühlen an der Lippe aufgetragen werden sollte. „Dadurch kann man die erste Phase bis zur Verkrus­tung verkürzen, danach hilft die Salbe aber nicht mehr“, erklärt Professor Gerd Gross, Direktor der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie am Universitätsklinikum Rostock. Auf die Wundheilung habe Aciclovir keinen Effekt.

„Salben mit Melisse oder Zink zeigen eine hemmende Wirkung auf das Eindringen des Virus in die Zellen“, erläutert der Virologe Brune. Hier sei ein besonders früher Behandlungsbeginn noch wichtiger, da die Salben aufgrund ihres Wirkprinzips allenfalls im frühen Stadium die Virus­vermehrung stoppen könnten.
Wenn die Bläschen aufreißen, beginne die schmerzhafte Phase der Verkrustung. Dermatologe Gross rät dann zu speziellen Herpespflastern, die die Bläschen sauber abdecken: „Die kleinen Pflaster fördern gerade in dieser Phase eine schmerzarme Wundheilung.“

In schweren Fällen kann der Arzt den Wirkstoff Aciclovir auch in Form von Tabletten verschreiben. „Das ist beispielsweise dann notwendig, wenn mehrere Bläschengruppen um den Mund herum oder sogar schwere Schwellungen auftreten“, erklärt Professor Gross. Auch bei immungeschwächten Menschen und chronisch Kranken kann eine systemische Therapie sinnvoll sein, bei der das Medikament bis zu fünf Tage lang fünfmal täglich eingenommen werden muss. Wer häufiger als fünfmal im Jahr unter starkem Lippenherpes leidet, kann sogar von einer Dauerbehandlung mit Aciclovir-Tabletten profitieren. Eine solche Suppressionsbehandlung müsse jedoch ganz individuell geprüft und vom behandelnden Arzt überwacht werden, betont Gross.

Bei einem normalen, unkomplizierten Verlauf sei aber die antivirale Salbe das Mittel der Wahl, sagt Professor Brune. Von Hausmitteln wie Zahnpasta, Essig oder Alkohol raten die Experten dagegen ab, da sie die Haut austrocknen. „Dadurch können die Krusten immer wieder aufplatzen, was die Heilung verzögert – insbesondere wenn Bakterien in die Wunde eindringen“, erklärt der Virologe. Der Dermatologe Gross nennt einen weiteren entscheidenden Nachteil dieser alternativen Behandlungsmethoden: „Die Abheilung könnte dann auch deutlich schmerzhafter verlaufen.“

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