Meerrettich wird seit Jahrhunderten zum Kochen und als Heilmittel verwendet

Manchmal lohnt es sich, in Gärten genauer hinzuschauen. Denn nicht alles, was dort wächst und wie Unkraut aussieht, ist auch welches. Viele erkennen die krautige Meerrettichpflanze erst auf den zweiten Blick. Sie wird 50 Zentimeter, manchmal bis zu 1,20 Meter hoch. Viele ihrer großen, lanzettartigen Blätter sind am Rand gekerbt, gewellt und kraus. Die braunen, gerillten Pfahlwurzeln werden bis zu 40 Zentimeter lang. Im Oktober färben sich die grünen Blätter rötlich – Zeit zum Ernten. Dazu kann man die Wurzel etwas freilegen und ein Stück davon abschneiden. Der Rest wächst weiter.

Ursprünglich kommt Meerrettich aus Ost- und Südeuropa, seit dem Mittel­­alter wird er in Deutschland kultiviert. Große Anbaugebiete gibt es im Spreewald, in Franken, Baden, in der Steiermark und im Elsass. Die Wurzel hat in der Hausmannskost einen festen Platz. Beim Schneiden oder Reiben der im Inneren weißen Wurzel werden ätherische Öle frei. Das Senföl reizt zu Tränen und schmeckt – wie Wasabi, Radieschen, Kresse und der Senf selbst – beißend scharf.
Mit diesem Trick hält sich die Meerrettichwurzel Insekten und andere Schädlinge vom Leib. Geriebener Meerrettich ist so scharf, dass unsere Rezeptoren in der Mundhöhle darauf reagieren. Wir empfinden das als Wärme. Das macht den Meerrettich in der kalten Jahreszeit zu einer würzigen Zutat für Soßen, Quark- und Frisch­käse-Mischungen.

An die Schärfe erinnern auch die ­Namen Scharf- und Beißwurzel. Zur Herkunft der Bezeichnung „Meerrettich“ kursieren viele Geschichten und Mythen. Sie drehen sich um die Begriffe Meer, die Mähre (altes Pferd) und das Wörtchen „mehr“ im Sinn von „gro­ßer Rettich“. In Bay­ern und Österreich sagt man zu ihm Kren.
Meerrettich wird seit jeher in der Heilkunde eingesetzt: Er wirkt keim­tötend und durchblutungsfördernd, regt die Verdauungssäfte im Magen-Darm-Trakt an und lindert Beschwerden der Atem- und Harnwege. Die Wurzel eignet sich allerdings nicht für Patienten mit Magen- und Darm­geschwüren sowie mit Schilddrüsenfehlfunktionen.

Pharmazeuten bezeichnen die Wurzel als Radix armoraciae. Getrocknet kann man sie für Aufgüsse, Tees und Umschläge in der Apotheke erhalten. Doch nur wenige Menschen machen sich noch die Mühe. Im Heilpflanzensaft wirkt Meerrettich gut bei Erkältun­gen; für Tabletten wird er auch in pulverisierter Form eingesetzt.

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