Die Trendsportart trainiert auf sanfte Art Ausdauer und Koordination. Doch die richtige Technik will gelernt sein

Wer sie nicht sieht, hört sie zumindest. Auf zwei Beinen und mit zwei Stöcken marschieren sie landauf, landab durch die Parks – allein, zu zweit oder in Gruppen. Nordic Walking, ursprünglich das Sommertraining der finnischen Skilangläufer, hat sich auch bei uns zum Volkssport entwickelt. „Besonders beliebt ist es bei den 50- bis 60-Jährigen“, sagt Professor Klaus Bös vom Institut für Sportwissenschaft an der Universität Karlsruhe. „Es trainiert auf sanfte Weise den ganzen Körper und lässt sich auch von Sportanfängern leicht erlernen.“
 

Sanftes Ganzkörpertraining

Nordic Walking (zu deutsch: nordisches Gehen) ist der ideale Präventionssport: Es stärkt Herz und Gefäße, verbessert die Sauerstoffversorgung des Körpers, kurbelt die Fettverbrennung an und senkt sogar erhöhte Blutfett- und Blutzuckerwerte. Weil beim Gehen immer ein Fuß den Boden berührt, werden Hüft-, Knie- und Fußgelenke weniger belastet als etwa beim Joggen – ideal bei Übergewicht. Durch den sanften Reiz wird der Gelenkknorpel optimal ernährt, das erhält die Gelenke gesund und beweglich und schützt vor Arthrose. Der abwechselnd leichte Zug und Druck am Knochen stimuliert den Aufbau von Knochenmasse, was Osteoporose vorbeugt.

Die Stöcke sorgen für einen zusätzlichen Trainingseffekt: Nicht nur die Bein- und Gesäßmuskulatur wird beansprucht, sondern auch Arme und Schultern, Brust- und Rückenmuskeln werden gestärkt. Das verbessert die Körperhaltung und stabilisiert die Wirbelsäule. Richtig ausgeführt, werden beim Nordic Walking alle Muskeln des Körpers gut durchblutet und mit Sauerstoff versorgt, dadurch lösen sich stressbedingte Verspannungen. Durch den Stockeinsatz ist das nordische Gehen etwas komplizierter als das Gehen „ohne“. Aber gerade das macht diese Variante des Walkings so attraktiv, meinen Experten. Im Vergleich zu Walking ist Nordic Walking aber die langsamere Sportart: Damit Arm- und Schultermuskulatur beim Abdrücken wirksam trainiert werden, müssen die Füße länger am Boden sein.
 

400 Kalorien in einer Stunde

Um die 400 Kalorien werden pro Stunde dabei verbrannt. Gut drei Viertel davon sind Fettkalorien. Wer also täglich eine Stunde trainiert, verbrennt im Monat 9000 Fettkalorien, das heißt, er nimmt ein Kilo ab. Das klappt aber nur, wenn man die Stäbe richtig benutzt. Doch daran hapert es oft. „Viele tragen ihre Stöcke spazieren, statt sie wirklich einzusetzen“, sagt Bös, „weil sie die Koordination von Arm- und Beinarbeit nicht beherrschen.“ Für den Anfang empfiehlt der Experte deshalb, einen Kurs zu besuchen. Hier wird zunächst das einfache Gehen trainiert, die Stäbe kommen erst später dazu.

Der speziell geschulte Lehrer erkennt Mängel im Bewegungsablauf sofort und kann korrigieren, bevor Beschwerden auftreten. So sollte etwa der Stock immer hinter dem Körper eingesetzt werden, um den Armschwung nicht zu unterbrechen und unnötigerweise die Nackenmuskeln mit zu beanspruchen. „Zweck des Stabs ist nicht, sich damit abzustützen, sondern – wie beim Skilanglauf – sich abzudrücken“, sagt Bös. Die Schritte dürfen nicht zu lang sein, sonst setzt die Ferse zu spitz auf, was auch das Knie belastet. Um die Schultern zu entspannen, die Hand öffnen, wenn der Arm nach hinten schwingt. Besser ist es, auf Waldboden statt auf Asphalt zu walken. „Ein harter Untergrund führt zu Vibrationen an Hand-, Ellbogen und Schultergelenk, die durch die Gummipads auf den Stöcken nur zum Teil abgefedert werden. Das kann langfristig Schmerzen verursachen“, sagt Bös.

Schuhe, Stöcke, fertig, los
 
Sie wollen gleich loslegen? Gut. Aber bitte nur richtig ausgerüstet, und nicht zuviel auf einmal! Voraussetzung für eine gute Technik sind die passenden Stöcke – neben gut gedämpften Schuhen die einzige Ausrüstung, die Anfänger brauchen, und für 50 bis 100 Euro im Sportgeschäft zu haben.
 
Ältere, die sich schon länger als zwei Jahre nicht mehr regelmäßig sportlich betätigt haben, sollten sich vorher vom Arzt untersuchen lassen. Auch wer Herz-Kreislauf-Medikamente einnimmt, sollte den Arzt fragen. Dadurch dass herznahe Muskeln im Einsatz sind, kann der Puls schneller und höher ansteigen als beim Walking. „Man sollte beim Nordic Walking immer noch miteinander plaudern können, dann stimmt die Belastung“, sagt Bös.
Anfängern raten Experten, mit dreimal die Woche je zehn Minuten zu starten und sich langsam auf 30 Minuten zu steigern. Wer Spaß an der Bewegung gefunden hat, kann auch täglich eine Stunde walken. Das steigert den Gesundheitseffekt. Doch nicht nur Gesunde profitieren, auch Kranke können und sollen mit Stöcken gehen.

Fortgeschrittenen empfehlen Experten, die Stöcke gelegentlich zu Hause zu lassen. Sonst „vergisst“ der Körper, wie Unebenheiten im Gelände auszugleichen sind, man stürzt leichter. Das Training „ohne“ beugt dem vor.

Tipps zur passenden Ausrüstung

Funktionskleidung: Wenn Sie häufig unterwegs sind, lohnt sich atmungsaktive Kleidung. Sie hält bei Regen dicht, lässt aber Schweiß durch.

Stöcke: Ihre Länge errechnet sich aus der Körperlänge mal 0,65. Probieren Sie die Stöcke unbedingt aus. Für das Walking auf Asphalt gibt es spezielle Aufsätze.

Schuhe: Für den Anfang reichen Jogging- oder leichte Wanderschuhe. Sie sollten richtig sitzen und ein gutes Abrollen ermöglichen.
 
Apotheken Umschau, Bildnachweis: W&B/Andrea Pfau