Die Erkrankung ist die häufigste Ursache für Zahnverlust

Erinnern Sie sich noch an den TV-Spot mit dem besorgten Zahnarzt? „Ihre Zähne sind in Ordnung“ – „Tja, gute Pflege, Herr Doktor!“ – „Aber Ihr Zahnfleisch geht zurück …“ Was die Fernsehnation in den Siebzigern in Schrecken versetzte, hat bis heute nichts an Brisanz verloren. Die Ergebnisse der neuesten Untersuchung zur Mundgesundheit der Deutschen zeigen: Die Karies ging in den vergangenen Jahren zwar deutlich zurück.
 
Aber inzwischen haben fast 80 Prozent der Erwachsenen eine mehr oder minder ausgeprägte Parodontitis. 1997 waren es noch rund 50 Prozent. Die Parodontitis ist eine Entzündung des Zahnhalteapparates, zu dem neben dem Zahnfleisch auch der Kieferknochen gehört.
 
Ausgelöst wird sie wie die Karies durch Bakterien im Zahnbelag. Dass die Parodontitis so verbreitet ist, liegt zum einen daran, dass es an der Pflege hapert. Zum anderen spielt eine Rolle, dass die Deutschen immer älter werden und dabei ihre eigenen Zähne behalten. Das gibt dem bakteriellen Zahnbelag Raum und Zeit, sich festzusetzen, was er am liebsten in den Nischen zwischen den Zähnen tut. Denn da ist er vor den Borsten der Zahnbürste relativ sicher.
 
Erstes Warnsignal: Zahnfleischbluten
 
Wird der Zahnbelag nicht regelmäßig weggeputzt, reizen die Stoffwechselprodukte der Bakterien das Zahnfleisch. Es entzündet sich und blutet beim Zähneputzen – oder wenn man beispielsweise in einen Apfel beißt. Zahnfleischbluten ist eines der ersten Signale, dass sich eine Parodontitis anbahnt. In diesem Stadium lässt sich die Entzündung mit sorgfältiger Mundhygiene meist noch in den Griff bekommen.
 
Werden die Zahnbeläge jedoch nicht entfernt, schreitet die Parodontitis voran, bis sich das entzündete Zahnfleisch vom Zahn löst. Es bilden sich Zahnfleischtaschen, in denen sich der Belag samt Bakterien in die Tiefe ausbreiten kann. Mit der Zeit weicht das Zahnfleisch immer mehr zurück, und die Entzündung greift auf Zahnwurzelhaut und Kieferknochen über. Wird die Parodontitis nicht rechtzeitig zum Stillstand gebracht, lockert sich der Zahn und fällt schließlich aus.
 
Schleichende Entwicklung 
 
„Weil sich die Parodontitis oft schleichend entwickelt und lange keine Beschwerden macht, ist alle sechs Monate eine Untersuchung beim Zahnarzt fällig“, sagt Privatdozent Dr. James Deschner von der Poliklinik für Parodontologie, Zahnerhaltung und Präventive Zahnheilkunde der Universität Bonn. Das gilt ganz besonders für Diabetiker. Diabetes verdreifacht nicht nur die Wahrscheinlichkeit, an Parodontitis zu erkranken, sie verläuft dann auch oft schwerer.
 
Woran das liegt, erklärt Zahnarzt Deschner: „Erhöhte Blutzuckerwerte schädigen die kleinen Blutgefäße im Zahnfleisch. Dadurch können Bakterien schlechter abgewehrt werden, das Gewebe entzündet sich leichter und heilt langsamer. Hinzu kommt, dass eine schlechte Diabeteseinstellung das Immunsystem allgemein schwächt und die Bakterien leichteres Spiel haben.“
 
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