Wenn jemand stirbt, bleiben Freunde und Bekannte oft stumm betroffen. Das muss nicht sein

Die Begegnung mit dem Tod macht die meisten Menschen hilflos. Was soll man auch sagen, wenn der Mann der Nachbarin stirbt? Wie sich verhalten, wenn die beste Freundin ihr Kind verliert? Ein leise gemurmeltes „Mein herzliches Beileid“ oder „Meine aufrichtige Anteilnahme“ kaschiert häufig, dass einem die richtigen Worte fehlen, das Mitgefühl über einen Trauerfall auszudrücken. Auch Umschreibungen wie „Nun ist er also von uns gegangen“ verschleiern mehr die eigene Angst davor, den Tod eines Menschen direkt zu thematisieren, als dass sie Trost für die hinterbliebenen Angehörigen wären.

Den Schmerz nicht relativieren

Trauer auf diese Weise zu äußern wirkt daher schnell anonym oder allgemein. Persönlicher ist es, mit eigenen Worten zu kondolieren. Dabei kommt es nicht darauf auf, druckreif zu sprechen oder zu schreiben, sondern Gefühle mitzuteilen: „Ich bin fassungslos“, „Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll“. Martin Möllmann, Diplom- eligionspädagoge und Trauerbegleiter aus Paderborn, rät: „Zeigen Sie, was Sie spüren: Tränen, Hilflosigkeit, Enttäuschung …“ Auch Gesten wie ein Händedruck oder eine Umarmung symbolisieren, dass man sich in die Stimmungslage des Hinterbliebenen hineinversetzen kann.

„Was man vermeiden sollte, ist, die Trauer ,wegzutrösten‘“, sagt Karina Kopp-Breinlinger vom Münchner Institut für Trauerpädagogik. Vermeintliche Trostworte wie „Das wird schon wieder“ oder „Du bist ja noch jung, du findest bestimmt einen neuen Mann“ resultieren aus der eigenen Hilflosigkeit und der Unfähigkeit, den Verlust anzunehmen. Sie zeigen dem Trauernden, dass man ihn und sein Leid nicht ernst nimmt.

„Die Trauer braucht Raum. Der Schmerz der Hinterbliebenen darf deshalb nicht relativiert werden“, sagt Kopp-Breinlinger, die Menschen in Gruppen- oder Einzelsitzungen in ihrem Trauerprozess unterstützt. Freunde und Bekannte verzichten deshalb besser auf „gute“ Ratschläge, die darauf zielen, von dem Schmerz abzulenken. Der Trauernde hat etwas Kostbares verloren und ein Recht auf seine Tränen.

Stattdessen empfiehlt Kopp-Breinlinger, gleich nach der Todesnachricht mit den Hinterbliebenen Kontakt aufzunehmen und anzubieten, dass diese sich jederzeit melden können, wenn sie Unterstützung brauchen. „Am besten ist es, zu fragen, ob ich etwas für den anderen tun kann.“ Möllmann bestätigt: „Seien Sie einfach da, und halten Sie die Situation aus.“ Wichtig ist es, konkrete Hilfe anzubieten – zum Beispiel bei der Organisation der Beerdigung, der Gestaltung der Trauerfeier oder dem Verfassen der Todesanzeige. Fragen Sie nach, welcher Ablauf für die Trauerzeremonie gewünscht wird. Ist geplant, eine Abschiedsbotschaft zu verlesen? Soll eine bestimmte Musik gespielt oder ein spezielles Ritual gepflegt werden?

Alltags-Aufgaben abnehmen

Nach der Beerdigung beginnt für die Trauernden oft die schwerste Zeit. Freunde und Bekannte kehren in ihren gewohnten Alltag zurück. Die Hinterbliebenen aber suchen eine neue Rolle in ihrem Leben, eine neue Identität. Die Ehefrau ist nun Witwe, das Kind Waise.

Unterstützung von außen – auch bei ganz einfachen Dingen – bleibt in dieser Phase der Neuorientierung besonders wichtig. „Viele Menschen vergessen in der Trauer zum Beispiel, für sich selbst zu sorgen“, sagt Kopp-Breinlinger. Notwendige Tätigkeiten wie Einkaufen, Kochen, Putzen oder Behördengänge geraten aus ihrem Blickfeld. Hinterbliebene sind dankbar, wenn ihnen jemand abnimmt, das Auto abzumelden, oder sie beim Gang zum Notar begleitet. Manche schlafen monatelang schlecht, leiden unter Essstörungen und Atemproblemen. „Auch der Körper trauert“, sagt die Expertin. Und weil die Konzentration schwerfällt, sind bislang selbstverständliche Fähigkeiten oft wie ausgelöscht. Manche Trauernde haben plötzlich Angst vor dem Autofahren, andere schaffen es nicht, sich selbst eine Zugverbindung herauszusuchen.

Erinnerungen wachhalten

Noch Wochen oder Monate nach dem Todesfall bestimmt das schlimme Ereignis den Alltag. Deshalb sollten Freunde und Bekannte der Hinterbliebenen nicht zur Tagesordnung über gehen und den Verlust ausklammern. Dass auch ihre Erinnerung an den Verstorbenen wach bleibt, zeigen sie, indem sie an gemeinsame Erlebnisse erinnern, Geburts- und Gedenktage würdigen sowie Vorlieben und Charaktereigenschaften erwähnen: „Das hätte deinem Mann sicher  auch gefallen.“ Man sollte weiterhin über den Verstorbenen sprechen, betont Kopp-Breinlinger.

Zwischen Sorge und Akzeptanz

Zieht der Trauernde sich lange Zeit völlig zurück, können Freunde und Bekannte ihn dezent auf Hilfsangebote von außen hinweisen. Ein guter Einstieg in ein solches Gespräch sind wiederum die eigenen Gefühle, etwa „Ich habe Angst um dich“ oder „Ich mache mir Sorgen“. So helfen zum Beispiel Trauerbegleiter in kirchlichen, sozialen oder privaten Einrichtungen dabei, Verlusterfahrungen zu verarbeiten. In vielen Städten gibt es Trauercafés, die den Austausch mit Menschen in ähnlichen Lebenssituationen ermöglichen. „Bei Selbstmordgedanken sollte man aktiver agieren und den Trauernden zu einem Termin beim Psychologen oder Psychotherapeuten anregen“, sagt Möllmann.

Beim Umgang mit Trauernden ist viel Fingerspitzengefühl notwendig: Einerseits möchte man sie von dem Verlust ablenken, andererseits ist es wichtig, ihnen eine Auszeit zuzugestehen und es zu respektieren, dass sie sich für Wochen oder Monate aus dem gesellschaftlichen Leben zurückziehen. Der Spruch, dass geteiltes Leid halbes Leid sei, stimmt eben nicht immer. Kopp-Breinlinger: „Man kann den Trauernden den Verlust nicht abnehmen, sondern nur ein Stück Weg mit ihnen gehen.“   

Tipps für den Umgang mit Trauernden

Reden. Gehen Sie nicht schweigend über den Verlust eines Trauernden hinweg, sondern sprechen Sie darüber. Falls Ihnen die Worte fehlen: Thematisieren Sie Ihre eigene Hilflosigkeit.

„Gute“ Ratschläge unterlassen.
Bieten Sie stattdessen lieber konkrete Hilfe an: einkaufen, Behördengänge erledigen, sich um Blumenschmuck für die Beerdigung oder um die Trauerkarten kümmern, bei der Gestaltung des Grabs mitwirken etc.

Da sein. Zeigen Sie dem Hinterbliebenen, dass Sie für ihn da sind.
 
Apotheken Umschau, Bildnachweis: Dynamic Graphics/ John Foxx