Sie verschließen die Ausführungsgänge der Munddrüsen, können aber meist leicht beseitigt werden

Nierensteine, Blasensteine, Gallensteine – die kennt jeder. Aber Speichelsteine? Die gibt es ebenfalls, und auch sie können sich mit kolikartigen Schmerzen bemerkbar machen. „Erste Symptome bei Speichelsteinen sind Schluckbeschwerden und ein Druckgefühl im Bereich des Mundbodens“, schildert Dr. Frank Kehrer, Zahnarzt für Oralchirurgie in Backnang (Baden-Württemberg).
 
Beim Essen nehmen diese Beschwerden deutlich zu, vielen Patienten vergeht dann regelrecht die Lust daran. Schon die ersten Bissen sind äußerst schmerzhaft. Denn bei der Nahrungsaufnahme bilden die großen und kleinen Kopfspeicheldrüsen eine erhebliche Menge an Sekret, das nicht mehr abfließen kann, wenn der Ausführungsgang durch einen winzigen Stein verschlossen ist.
 
„Der Speichel staut sich dann zurück, und die Drüse schwillt riesig an“, erklärt Dr. Claus Wittekindt, Oberarzt an der Hals-Nasen-Ohren-Klinik des Universitätsklinikums Jena. Häufig entzündet sich dadurch die Speicheldrüse: Bakterien, die sich hinter dem Stein befinden, werden nicht mehr ausgeschwemmt. Eine antibiotische Behandlung ist dann unausweichlich, um Eiterherde zu beseitigen.

Stiftartige Kristallgebilde

Die Ursachen für die Steinbildung sind noch nicht gänzlich geklärt. Schuld sein können Mundtrockenheit, Flüssigkeitsmangel oder Stoffwechselstörungen wie Diabetes, die die Zusammensetzung des Speichels beeinflussen. „Eventuell spielen auch Engstellen in den Ausführungsgängen oder sogar die Härte des Trinkwassers eine Rolle“, meint Wittekindt.

Speichelsteine treten vor allem bei Erwachsenen im Alter zwischen 30 und 40 Jahren auf. In 80 Prozent der Fälle lagern sie sich in den Ausführungsgängen der großen Unterkieferspeicheldrüsen ab. Bei einem Fünftel der Patienten sind die Ohrspeicheldrüsen betroffen. Die Steine bestehen aus Kalziumphosphat und Kalziumkarbonat – Salzen, die im Speichel vorkommen. „Sind die Ausführungsgänge der Drüsen nicht gut durchspült, haften Salzkristalle an den Wänden fest und häufen sich dort an“, weiß Kehrer. Die kristallinen Gebilde können knapp einen Zentimeter lang werden, aber in der Regel nicht mehr als zwei Millimeter dick. „Speichelsteine sehen häufig aus wie kleine Stifte“, sagt Wittekindt.

Nur ein kleiner Schnitt 

Wenn sie nahe am Ausführungsgang sitzen, kann der Arzt diese Stifte bei der Untersuchung meist mit bloßem Auge erkennen. Mit einem kleinen Schnitt legt er sie frei und zieht sie heraus. „Manchmal rutscht der Stein dabei aber zurück in Richtung Drüse“, berichtet Wittekindt. In diesen Fällen hilft es den Patienten, mit Zitronensaft, Kaugummis oder Bonbons den Speichelfluss anzuregen, sodass der Stein ausgeschwemmt wird. Die Speicheldrüse mit streichenden Bewegungen zu massieren unterstützt diesen Prozess zudem.

Gelingt es nicht, den Stein durch die Mundhöhle zu entfernen, kann der Arzt das Kristallbröckchen mittels Ultraschall-Stoßwellen zertrümmern. „Aber: Je größer ein Stein ist, desto schlechter sind bei diesem Verfahren die Ergebnisse“, sagt Wittekindt. „Die Trümmer des Steins sind unter Umständen immer noch so groß, dass sie nicht durch den Ausführungsgang abschwimmen können.“
 
Aber auch bei ganz kleinen Steinen komme das Verfahren schnell an seine Grenzen, da die Kristallkörperchen dann nur schwer zu entdecken seien. „Die Bildauflösung des Ultraschalls ist begrenzt, sodass immer ein bisschen Unsicherheit bleibt.“ Bessere Erfolgsaussichten bescheinigt der HNO-Arzt Eingriffen, bei denen der Speichelstein mithilfe eines winzigen Endoskops in einem kleinen Fangkorb herausgezogen wird.

Die Eingriffe erfolgen ambulant, unter örtlicher Betäubung oder Vollnarkose – wie in der Jenaer Klinik. Längere Auszeiten muss ein Patient mit Speichelsteinen dafür nicht einplanen. „Der Eingriff ist allerdings schon etwas aufwendiger, als zum Beispiel einen Zahn zu ziehen“, macht Wittekindt deutlich. Wenn die Steine sehr tief in der Nähe der Drüse sitzen oder wenn die Speicheldrüse stark entzündet ist, bleibt häufig nur die Möglichkeit, diese Drüse operativ zu entfernen.

Das bedeutet aber nicht, dass der Patient das Essen künftig trocken hinunterwürgen muss. „Die anderen Drüsen produzieren in der Regel weiter genügend Speichel“, beruhigt Wittekindt. Doch der Eingriff birgt ein anderes Risiko: Nervenverletzungen können zu Taubheitsgefühlen oder Lähmungserscheinungen an verschiedenen Stellen führen.
 
Bildnachweis: Panthermedia/Robert Kneschke