Hält sie gesund, macht sie glücklich, süchtig oder einfach nur dick? Aktuelle Erkenntnisse

Wenn sie langsam auf der Zunge zergeht, zart und zuckersüß, mit einem mehr oder weniger bitteren Unterton und einem Hauch von Vanille, dann ist die Welt in Ordnung. Aber bald meldet sich ein ungutes Gefühl. Süß und fettig, wie Schokolade nun mal ist, verheißt sie nichts Gutes für Figur und Blutfette. Doch neue Studien belegen: Es steckt auch Gesundes in der zarten Versuchung.
 
Als langfristiger Stimmungsaufheller taugt der braune Verführer allerdings nicht. Schokolade enthält zwar Koffein und andere anregende, belebende Substanzen, allerdings in so geringer Konzentration, dass keine Wirkung messbar ist. Es sind wohl mehr der einzigartige Geschmack, der zarte Schmelz und die Vorfreude darauf, die uns selig machen. Doch ist das süße Stückchen aus dem Mund, ist es mit dem Glück auch schon wieder vorbei. Trotzdem verlangt es viele danach, den kurzen Genuss immer wieder zu erleben, sie fühlen sich geradezu „süchtig“ nach Schokolade.
 
Körperlich abhängig kann man von ihr aber nicht werden. Lebensmittelforscher interessieren sich für Kakao besonders wegen seiner Flavonoide. Diese Pflanzenstoffe gehören zu den Antioxidanzien, die für eine gesunde Ernährung sehr wichtig sind. Sie binden gefährliche freie Radikale und schützen die Zellen. Diese Fähigkeit – bisher vor allem grünem Tee zugeschrieben – ist in einem Kakaogetränk vergleichbar ausgeprägt.
 
Traditions-Kakao mit Wirkung

Was die Flavonoide vermögen, konnten Wissenschaftler auf den Karibikinseln vor Panama studieren. Die Kuna-Indianer sterben deutlich seltener an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Diabetes als ihre Nachbarn auf dem Festland. Forscher vermuten, dass kein anderes Volk der Erde so flavonoidreich isst wie sie. Bis heute ist das Hauptgetränk der Kuna ein Kakao, den sie aus den unbehandelten und unverarbeiteten Bohnen bereiten. Fünf Tassen trinken sie täglich davon.
 
Bei uns genießt man das braune Gold überwiegend in Tafelform. Gut neun Kilogramm Schokolade ließ sich jeder Deutsche 2007 schmecken. Ob der zu Pulver oder Tafeln verarbeitete Kakao ebenso wirksam ist wie das Gebräu der Kuna, wurde in zahlreichen Studien untersucht. „Kakao und dunkle Schokolade haben vielfach gezeigt, dass sie die Gefäßfunktion verbessern und die Blutplättchen daran hindern, zu Gerinnseln zu verklumpen“, sagt der Kölner Pharmakologe Dr. Dirk Taubert. Beides beugt Arteriosklerose, Herzinfarkt und Schlaganfall vor.
 
Unlängst untersuchten japanische Forscher die Wirkung von Kakao auf die Blutfette von 160 Patienten mit normalem oder leicht erhöhtem Blutcholesterin. Ergebnis: Das „böse“ LDL-Cholesterin nahm ab, das „gute“ HDL dagegen zu. Doch hebt der hohe Fettgehalt von Schokolade diese günstige Wirkung nicht auf? Taubert gibt Entwarnung: „Kakaobutter ist so zusammengesetzt, dass sie die Blutfette nicht gefährlich erhöht.“ 
Der Pharmakologe konnte zudem eine Wirkung auf den Blutdruck nachweisen: 44 Personen zwischen 56 und 73 Jahren mit bis dahin nicht behandeltem leichten Bluthochdruck naschten vier Monate lang – die Hälfte von ihnen täglich ein Stück (6,3 Gramm) dunkle, die andere Hälfte zum Vergleich die gleiche Menge weiße Schokolade, die keine wirksamen Pflanzenstoffe enthält.
 
Während der obere Blutdruckwert der Versuchspersonen um drei Millimeter Quecksilbersäule (mm Hg) sank, blieb er in der Kontrollgruppe gleich. Taubert warnt jedoch: „Das sollte niemand ermuntern, sein Blutdruckmittel abzusetzen und stattdessen Schokolade zu essen.“ Wer Effekte auf Herz und Kreislauf erzielen will, muss Schokolade keineswegs kiloweise futtern. Aber die Sorte muss stimmen.
 
Schwarz ist Trumpf

Um möglichst viele gesunde Wirkstoffe zu essen, sollte der Kakaoanteil hoch und die Schokolade dunkel sein. Allerdings gibt es selbst bei gleicher Kakaomenge Unterschiede. Neben Sorte und Herkunft der Bohnen bestimmt auch die Verarbeitung den Gehalt an Flavonoiden. „Bei jedem Luftzutritt treten Verluste auf – vor allem während der Fermentation, Trocknung und Röstung“, sagt Prof. Reinhard Matissek vom Lebensmittelchemischen Institut des Bundesverbands der Deutschen Süßwarenindustrie in Köln.
 
Einige Schokoladenhersteller haben bereits aufgerüstet und ein Verfahren zur Verarbeitung der Kakaobohne entwickelt, bei dem möglichst viele Flavonoide erhalten bleiben. Auf dem deutschen Markt sind die Produkte jedoch bisher schwer zu finden. So lange rät Pharmakologe Taubert, sich an der herben Note von Schokolade zu orientieren, „denn die wirksamen Inhaltsstoffe schmecken bitter“. Von Vollmilchschokolade erwarten Experten auch deshalb keine großen Effekte, weil Milch die Aufnahme der gesunden Wirkstoffe behindert.
 
Allen Schokofans sei daher ans Herz gelegt, sich an dunkle, herbe Sorten zu gewöhnen. „Auf keinen Fall sollte man große Mengen Schokolade zusätzlich essen“, sagt Taubert, „sonst wird sie zum Dickmacher.“ Die dunkle enthält nämlich nicht weniger Kalorien. Und Schokolade allein macht noch keine herzgesunde Ernährung aus. Die besteht in erster Linie aus Seefisch, gesunden Pflanzenölen sowie reichlich Gemüse und Obst.
 
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