
Eines der ältesten medizinisch genutzten Mineralien kommt heute nur noch selten zum Einsatz
Aus den Erdspalten des Vulkans wabern Nebelschwaden, schroffes Gestein in allen denkbaren Gelb- bis Rotfärbungen verleiht dem Kratergelände ein marsähnliches Aussehen. Der faulige, beißende Geruch verrät, woraus die Dämpfe bestehen: aus Schwefel, einem der acht häufigsten Elemente auf der Erde. Aktive Vulkane stoßen regelmäßig enorme Mengen der reinen Substanz oder unterschiedlicher Schwefelverbindungen aus. Auch der menschliche Körper besteht zu rund 0,25 Prozent aus Schwefel. Dieser ist im Organismus vor allem am Aufbau von Aminosäuren beteiligt.
Trotz riesiger Lagerstätten in aller Welt baut die Industrie heutzutage kaum noch Schwefel ab, weil er in ausreichenden Mengen als Abfallprodukt bei zahlreichen chemischen Prozessen anfällt. In armen Ländern wie Indonesien jedoch riskieren Menschen ihre Gesundheit und stechen in Vulkankratern inmitten hochkonzentrierter Schwefeldämpfe die gelben Kristalle aus dem Boden, um sie am Ende des Tages mühsam aus dem hoch gelegenen Kratergebiet hinab ins Tal zu schleppen. Örtliche Betriebe nutzen den Schwefel dann beispielsweise zum Bleichen von Zuckerrohr.
Schwefel ist ein Element, das die Menschen seit Langem nutzen. Bereits vor vielen Jahrtausenden verwendeten manche Völker ihn für religiöse Räucher-Rituale oder als Bleichmittel für Textilien. Im Mittelalter war er außerdem ein wichtiger Bestandteil des neu erfundenen Schwarzpulvers. Aber auch in der Medizin kam der Schwefel schon in der Antike zum Einsatz. Ärzte erkannten bereits früh seine desinfizierenden Eigenschaften. In der Homöopathie gilt „Sulfur“ als eines der wichtigsten Basis-Heilmittel.
Unangenehmer Geruch
Aufgrund seiner antimikrobiellen Eigenschaften wurde Schwefel früher in Cremes oder in Bädern beispielsweise zur Behandlung von Krätze, Akne oder seborrhoischer Dermatitis angewendet. Heute gibt es für diese Erkrankungen wirksamere Präparate. Dazu kommt der unangenehme Geruch des Schwefels in manchen Rezepturen, der Patienten nicht zuzumuten ist. In der Rheumatologie gelten Schwefelbäder immer noch als Therapiemöglichkeit bei degenerativen Gelenkerkrankungen, verschiedenen rheumatischen Beschwerden und chronisch-rheumatoider Arthritis.
Schwefel lindert Schmerzen
Der Schwefel verstärkt zwar akute Entzündungen, hemmt aber gleichzeitig chronische. Zudem erhöht Schwefel sowohl bei Gesunden als auch bei Patienten mit Fibromyalgie die Druck- und Kälteschmerzschwelle und bewirkt so eine sanfte Schmerzlinderung. Schwefelanwendungen werden meist im Rahmen einer Badekur in schwefelhaltigen Heilquellen angeordnet. Öffentliche Schwefelbäder gibt es zwar auch in manchen großen Thermen, die Wirkung ist aber nicht zuletzt aufgrund desinfizierender Zusätze oft begrenzt. Als Alternative bieten sich Schwefelbad-Extrakte für zu Hause an. Im Gegensatz zu den giftigen Dämpfen in indonesischen Vulkankratern sind die Schwefelkonzentrationen der Bäder glücklicherweise nicht gesundheitsgefährdend. Weil ein heißes Schwefelbad Herz und Kreislauf stark belastet, sollte man nicht länger als 20 Minuten baden und sich anschließend eine ausgiebige Ruhepause gönnen. Patienten mit Vorerkrankungen wird empfohlen, zuvor einen Arzt zu konsultieren.
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