Spray, Zäpfchen, Pflaster. Warum es mehr als Pillen gibt

Arzneistoffe sind wie Briefe – gäbe es keinen Boten, würden sie ihren Adressaten schwer erreichen. Im Falle des Medikaments übernehmen ihre Hüllen, sogenannte Trägersubstanzen, die Funktion des Kuriers. Sie ermöglichen es der Arznei, nach einer bestimmten Zeit über bestimmte Wege an einen bestimmten Ort im Körper zu gelangen. Arzneimitteltechniker suchen für jeden Wirkstoff und seine Aufgabe die passende Verpackung. Ihr Packmaterial besteht aus Zucker, Gelatine, Fett, Wasser und etlichen anderen Zutaten.
 

  • Geschluckt – durch den Magen

Tablette, Dragee, Saft oder Pulver – Medikamente, die der Mensch schluckt, nehmen den Weg über den Verdauungstrakt, um ins Blut zu gelangen und schließlich am Zielort zu wirken. Erste Station ist der Magen, wo sie unterschiedlich lange verweilen. Das hängt nicht nur davon ab, wie gefüllt er ist, sondern auch welche Ummantelung der Wirkstoff aufweist.
 
Tabletten und Kapseln: Ohne Überzug zerfallen sie schon im Magen. Der Arzneistoff kann die Magen- und Darmzellwände überwinden und dort in feinste Blutgefäße strömen. Über die Pfortader geht es weiter zur Leber und schließlich in den großen Kreislauf. Eine lange Reise, die Stunden dauern kann.
 
Brausetabletten: Weil sie schon in Wasser gelöst im Magen landen, werden sie schneller aufgenommen. So lassen sich Medikamente leichter schlucken.
 
Retard-Tabletten: Sie garantieren eine besonders lang anhaltende Wirkung. Aus ihnen löst sich der Wirkstoff erst nach und nach – das sorgt für einen gleichmäßigen Wirkstoffspiegel. Bei Entzündungshemmern oder Blutdruckmitteln eine sinnvolle Technologie. Der Trick sind Materialien aus Bausteinen, die der Körper nicht so leicht aufspalten kann.
 
Pellets: Das Arzneimittel ist in winzige Kügelchen, sogenannte Pellets, verpackt, die in eine Kapsel gefüllt sind. Die besteht aus einer Gelatinehaut, die im Magen zerfällt. Die magensaftresistenten Kügelchen aber sind kleiner als Tabletten oder Kapseln und gelangen so leichter in den Darm und von dort über die Leber ins Blut.
 

  • Geklebt oder geschmiert – durch die Haut geheilt

Ob Schmerzmittel oder solche gegen Reisekrankheit, Hormone oder Nikotin: Wirkstoff-Pflaster sind eine Möglichkeit, diese Substanzen durch die Haut ohne den Umweg der Magen-Darm-Passage an den Blutkreislauf abzugeben. Das erfolgt gleichmäßig über einen längeren Zeitraum. Salben, Cremes oder Gels wiederum erfüllen ihre kühlende oder entzündungshemmende Aufgabe direkt an der Stelle, wo sie auf die Haut oder Schleimhaut aufgetragen werden.
 

  • Gespritzt – ins Gefäß, in den Muskel oder unter die Haut

Der Express-Kurier unter den Darreichungen ist die intravenöse Injektion, also das Spritzen in eine Vene. Das ist der schnellste Weg, den gelösten Wirkstoff im gesamten Körper verlustfrei zu verteilen. Nach wenigen Sekunden schon ist es passiert, da der Umweg über Darm und Leber entfällt.
 
Ähnlich, nur nicht ganz so schnell, ist die intramuskuläre Injektion, also das Spritzen in den Muskel. Schmerzmittel oder Impfstoffe können vom gut durchbluteten Muskelgewebe verlässlich ins Blutsystem übergehen. Noch langsamer ist der Wirkeintritt von Substanzen über das Spritzen ins Unterhautfettgewebe. Vorteil: Der Patient oder betreuende Angehörigen können das Spritzen, etwa von Insulin oder Gerinnungshemmern, selbst vornehmen.

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