Homöopathie für Kinder 

 

Wissenschaftliche Belege für die Wirksamkeit fehlen. Doch viele Patienten und Ärzte vertrauen auf die sanfte Heilmethode

Der kleine Patient quält sich offensichtlich: Sein Körper ist mit roten Pusteln übersät, einzelne Stellen sind blutig gekratzt. Der Säugling leidet an Neurodermitis, einer allergischen Hauterkrankung. In der homöopathischen Praxis verordnet der Arzt jedoch keine Salben. Zuckerkügelchen, sogenannte Globuli, mit Calcium carbonicum sollen die gestörte Körperabwehr wieder ins Gleichgewicht bringen. Vier Wochen später erinnert nichts mehr an den heftigen Hautausschlag.  
Es sind solche verblüffenden Heilerfolge, die viele Eltern von der Homöopathie überzeugen. Die Behandlung gilt zudem als ausgesprochen sanft und praktisch nebenwirkungsfrei. Gerade Kinder scheinen gut darauf anzusprechen. Aber auch bei Erwachsenen steht das alternative Heilverfahren hoch im Kurs, obwohl bislang die Wirksamkeit in wissenschaftlichen Studien nicht belegt ist. Ebenso wenig lassen sich die theoretischen Grundlagen mit naturwissenschaftlichen Erkenntnissen vereinbaren.

 
Kleinste Dosis, große Wirkung
 
Vor mehr als 200 Jahren entwickelte der Meißener Arzt und Apotheker Samuel Hahnemann (1755 bis 1843) die Lehre von der Homöopathie, die bis heute glühende Anhänger wie schärfste Kritiker hat. Die Grundlage seiner Theorie bildet die Ähnlichkeitsregel: Ein Mittel, das in hoher Dosierung bestimmte Beschwerden auslöst, soll in starker Verdünnung eine Krankheit mit genau diesen Symptomen kurieren. Ein klassisches Beispiel dafür ist die Küchenzwiebel (Allium cepa). Sie bringt die Nase zum Laufen und die Augen zum Tränen. Stark verdünnt gilt sie daher als Mittel gegen Fließschnupfen.

 
Dafür werden die Ausgangssubstanzen in einem aufwendigen Herstellungsverfahren stufenweise zum Beispiel in Zehnerschritten (D = dezimal) mit Alkohol-Wasser-Gemischen verschüttelt oder mit Milchzucker verrieben. Homöopathen sprechen von Potenzieren. Denn nach der Hahnemann’schen Lehre verstärkt sich die Wirksamkeit eines Arzneimittels durch das Verdünnen. Mit jedem Schütteln sollen Informationen von der Urtinktur auf das Lösungsmittel übergehen. Obwohl die Ausgangssubstanz in hochpotenzierten Homöopathika nicht mehr nachweisbar ist, gelten diese als besonders wirkungsvoll.

 
Homöopathische Arzneien sollen gezielte Impulse geben und die Selbstheilungskräfte gleichsam auf die richtige Fährte locken. Calcium carbonicum beispielsweise, der Kalk aus der Austernschale, kann in Hochpotenz einen solchen Impuls liefern. Doch nicht jeder an Neurodermitis leidende Patient wird auf dieses Mittel gleichermaßen gut ansprechen. Denn homöopathische Medikamente richten sich nicht nur nach dem Krankheitsbild, sondern berücksichtigen die Gesamtverfassung des Patienten.

 
Bei einer Neigung zu Allergien wird der homöopathische Arzt versuchen, möglichst genau die Konstitution des Kranken zu erfassen, um danach das richtige Mittel zu bestimmen. Er achtet dabei auf vieles: Schwitzt der Patient, oder ist die Haut trocken? Ist sie rosig oder blass? Ist der Körperbau zierlich oder eher kräftig? Ist das Temperament ruhig oder lebhaft?
 
Apotheken Umschau, Bildnachweis: Stockbyte