Diät? Bloß nicht! Da winken fast alle Männer genervt ab. Ein neuer Ansatz lässt Pfunde genussvoll schwinden

Der Patient, der bei Professor Volker Pudel Rat suchte, hatte ein schwerwiegendes Problem: Als Polizist musste er 25 Kilo abnehmen – sonst ließ ihn sein Chef nicht mehr im Streifenwagen fahren. Wie denn so ein Diät-Tag aussehe, wollte der Mann von dem Göttinger Ernährungspsychologen wissen. Der schrieb ihm für Frühstück, Mittag- und Abendessen
jeweils ein Rezept auf. Für den Patienten war damit das Gespräch beendet.

Er verabschiedete sich. Und erschien erst drei Monate später wieder in Pudels Praxis, diesmal tatsächlich 25 Kilo leichter. Wie das denn gelungen sei, wollte der Ernährungsexperte wissen. Und erhielt die Antwort: „Das haben Sie mir doch aufgeschrieben. Ich habe einfach jeden Tag genau das gegessen, was auf dem Zettel stand.“
 
Kein Witz, sondern, so Forscher Pudel, „männliches Abnehmverhalten in seiner Reinform“. Und das kommt ungefähr so daher: Diät ist peinlich, darf keinesfalls in der Gruppe stattfinden und ja nicht zu kompliziert sein – am besten macht man’s gar nicht. Bei einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Online-Portals GesundheitPro.de gaben denn auch drei von vier männlichen Befragten an, nie Diät zu machen. Bei Frauen sind es etwa die Hälfte.

Wenn Männer sich dann doch zum Abnehmen durchringen, dann „oft mit radikalen Maßnahmen und falsch“, beklagt Pudel. Klassisches Beispiel: der Polizist. Dann wird rigoros gefastet, alles gestrichen, was Spaß macht. So hungern sich die Herren der Schöpfung zwar herunter – gelobt sei, was dünn macht. Aber danach fallen die meisten in alte, ungesunde Ernährungsmuster zurück. Und die Kilos siedeln sich hurtig wieder auf den Rippen an. Der Jo-Jo-Effekt lässt grüßen.
 
„Langfristig lohnt sich nur eine Ernährungsumstellung“, erklärt Pudel. Das bedeutet: „Mehr Obst und Gemüse, mehr Vollkornprodukte, weniger Fett, Zucker und Alkohol.“ Also leider weniger Bratwurst und Bier. Und das fällt Männern oft schwer. Ernährungsforscher wissen: Männer neigen in der Regel zu einem wesentlich ungünstigeren Ernährungsverhalten „und lieben nun mal Fleisch und Fettes, während Frauen Gemüse und Kohlenhydrate bevorzugen“, erklärt Pudel.

Von nun an nur noch Müsli und Magermilch? Bloß nicht! Dann fallen nämlich beim ersten Einbruch alle guten Vorsätze. Pudel plädiert für einen neuen Ansatz, „für eine flexible, nicht für eine rigide Kontrolle“. Also nicht: Ab heute nie mehr Schokolade. Sondern: Nur noch eine Tafel in der Woche.
 
Dabei hätten es deutsche Männer dringend nötig, dauerhaft Gewicht zu verlieren. Mehr als 66 Prozent von ihnen gelten als übergewichtig, so der neueste Ernährungsbericht der Bundesregierung. Zum Vergleich: Bei den Frauen sind es 50 Prozent. „Das Körperfett der Männer ist zudem viel gefährlicher als das von Frauen“, erklärt Pudel. Bei Ersteren setzt es sich nämlich überwiegend um den Bauch herum fest – und erhöht so das Risiko für Stoffwechselerkrankungen. Frauen werden eher um Hüfte und Po herum pummelig – medizinisch betrachtet viel weniger riskant.

In einem Punkt haben es Männer aber leichter: Sie verfügen über mehr Muskelmasse als Frauen, verbrauchen deshalb mehr Kalorien und nehmen auch viel rascher ab, erklärt Martin Hünerhoff, Pressesprecher der Firma Weight Watchers: „Wer sieht, wie die Pfunde purzeln, bringt deutlich mehr Motivation mit.“ Allerdings nur so lange, wie der Genuss nicht gänzlich auf der Strecke bleibt, warnt Ernährungsforscher Pudel. Denn selbst der entschlossenste Kerl hält freudlosen, knallharten Verzicht nicht ewig durch.
 
So kann jeder selbst entscheiden, wie er seine kleinen Sünden verteilen will. „Wichtig ist, was wir über die Jahre zu uns nehmen“, sagt Pudel. Wem es gelingt, am Tag auch nur 100 Kalorien (etwa eine Rippe Schokolade) einzusparen, der bringt am Ende des Jahres im Schnitt fünf Kilogramm weniger auf die Waage.

Eine wichtige Säule: Bewegung. Lumpige zwei Kilometer zu Fuß schafft der Durchnittsdeutsche pro Woche. Eindeutig zu wenig. Deshalb fordert Pudel: „So oft wie möglich laufen, aufs Fahrrad, in den Garten. Gerade Alltagsbewegung bringt für die Kalorienbilanz sehr viel.“
 
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