Noch immer nehmen gesetzlich Versicherte die kostenlosen Untersuchungen auf Krebs und andere Erkrankungen viel zu wenig wahr
„Man kann die Männer nicht pauschal verdammen“, entgegnet der Hannoveraner Diplom-Psychologe Thomas Altgeld auf die Frage, warum seine Geschlechtsgenossen Vorsorge-Muffel seien. Pauschalvergleiche seien oft irreführend, weil die Zahlen für die Inanspruchnahme der Leistungen stark vom Lebensalter abhängen.
Während einige der Früherkennungsuntersuchungen für Frauen bereits im Alter von 20 Jahren beginnen, werden Männer erstmals mit 35 zu einer Vorsorge-Untersuchung eingeladen. Daraus folgert Altgeld: „Frauen haben also viel mehr Zeit zum ,Üben‘.“
Die Angebote zur Früherkennung werden immer noch viel zu selten genutzt. Laut einer aktuellen repräsentativen GfK-Umfrage im Auftrag der Apotheken Umschau finden es zwar 75,9 Prozent der Frauen und 62,2 Prozent der Männer „sehr wichtig, möglichst alle medizinischen Vorsorgeuntersuchungen und -maßnahmen bei sich durchführen zu lassen“. Tatsächlich gehen jedoch dem Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung zufolge jährlich nur 47,4 Prozent der Frauen und 21,2 Prozent der Männer zur Krebsfrüherkennungsuntersuchung.
Altgeld, Geschäftsführer der Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen, relativiert: „Richtig ist, dass bei den 45- bis 49-Jährigen rund viermal so viele Frauen zur Früherkennung gehen wie Männer. Mit zunehmendem Alter kehrt sich das Verhältnis jedoch um: Mit 70 Jahren sind beide Geschlechter etwa gleich häufig vertreten, mit 80 sind es dann sogar doppelt so viele Männer.“
Der Diplom-Psychologe weiß, wie man Männer schon früher zu diesen sinnvollen Maßnahmen motivieren kann: „In der Tat sind die meisten Informationen und Aufrufe zu den Untersuchungen so aufgemacht, dass sie sich eher an Frauen richten. Auch bei einem ,Gesundheitstag‘ in der Firma denken viele Männer, das sei nur etwas für ihre Kolleginnen.“
Für einen guten Ansatz hält Altgeld es, Männer bei einem krankheitsbedingten Arztbesuch auf ihre Leistungsfähigkeit anzusprechen: Wie erhalte ich meine Potenz, wie bleibe ich möglichst lange fit? Auch die Aufklärungsbroschüren müssen seiner Meinung nach männergerechter werden: „Gesundheits-Check-up hört sich für viele interessanter an als Vorsorgeuntersuchung.“ Mit Bezeichnungen wie Workout und Check-up sei man auf einem guten Weg. Thomas Altgeld: „Anglizismen muten einfach moderner an.“
Vorsorge-Untersuchungen für Frauen
Ab 20 Jahren: Gebärmutterhals- und Genitalkrebs. Einmalig zwischen 20 und 22: Beratung zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs. Jährlich: Anamnese; Untersuchung der Geschlechtsorgane; Gewebeabstriche; Beratung zum Untersuchungsergebnis. Zusätzlich ab 30 Jahren: Brustkrebs. Jährlich: Abtasten der Brust und der örtlichen Lymphknoten (Achselhöhle); Anleitung zur Selbstuntersuchung der Brust.
Ab 35 Jahren: Check-up 35. Alle zwei Jahre: Anamnese; körperliche Untersuchung; Kontrolle Cholesterin, Blutzucker, Urin; Beratung zum Untersuchungsergebnis. Hautkrebs: Alle zwei Jahre: Anamnese; Untersuchung der gesamten Haut; Beratung.
Ab 50 Jahren: Darmkrebs: Jährlich: Test auf nicht sichtbares Blut im Stuhl. Brustkrebs, alle zwei Jahre (bis Ende 69; Einladung per Post): Anamnese; Röntgenuntersuchung der Brust; Info zum Untersuchungsergebnis.
Ab 55 Jahren: Darmkrebs: Darmspiegelung. Nach zehn Jahren: zweite Spiegelung. Oder alle zwei Jahre: Test auf nicht sichtbares Blut im Stuhl.
Vorsorge-Untersuchungen für Männer
Ab 35 Jahren: Check-up 35. Alle zwei Jahre: Anamnese; körperliche Untersuchung; Kontrolle Cholesterin, Blutzucker, Urin; Beratung zum Untersuchungsergebnis. Hautkrebs: Alle zwei Jahre: Anamnese; Untersuchung der gesamten Haut; Beratung.
Ab 45 Jahren: Prostatakrebs. Jährlich: Anamnese; Inspektion und Abtasten der äußeren Geschlechtsorgane; Enddarmaustastung zur Untersuchung der Prostata; Untersuchung örtlicher Lymphknoten; Beratung zum Untersuchungsergebnis.
Ab 50 Jahren: Darmkrebs. Jährlich: Test auf nicht sichtbares Blut im Stuhl.
Ab 55 Jahren: Darmspiegelung. Nach zehn Jahren: zweite Darmspiegelung. Oder alle zwei Jahre: Test auf nicht sichtbares Blut im Stuhl.
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