Gesetzliche Neuerungen schreiben vor, dass ein vertrauliches Gespräch in der Apotheke möglich sein muss

Wundern Sie sich nicht, falls in Ihrer Apotheke demnächst größere Umbaumaßnahmen beginnen: Nach mehreren Verzögerungen soll dieser Tage die neue Apothekenbetriebsordnung in Kraft treten. Sie regelt im Detail, wie eine Apotheke zu führen ist und welche Aufgaben sie zu erfüllen hat.
Die neue Verordnung schreibt unter anderem vor, dass eine vertrauliche Beratung grundsätzlich gewährleistet sein muss: Um ein Mithören der Beratungsgespräche durch andere Kunden zu vermeiden, müssen die einzelnen Beratungsplätze künftig ähnlich wie Bankschalter voneinander abgegrenzt werden. Bislang genügte ein separater Beratungsraum oder ein abgetrennter Bereich, in dem bei Bedarf vertrauliche Gespräche stattfinden konnten.

Jedoch wünscht nicht jeder Kunde eine vertrauliche Beratung. Zum Glück haben die Apotheken einen ge­wissen Gestaltungsspielraum: Kleinere Apotheken mit wenig Platz können sich mit einer Trennlinie auf dem Boden behelfen. Künftig sollen zudem nach Möglichkeit alle Apotheken barrierefrei zugänglich, ­also auch für Rollstuhlfahrer problemlos erreichbar sein. Einzelne Stufen lassen sich beispielsweise durch Rampen oder Metallschienen überbrücken.

Außerdem wurde gesetzlich verankert, was die meisten Apotheken sowieso schon immer geleistet haben: Sie sind künftig verpflichtet, den Beratungsbedarf der Kunden zu ermitteln. Durch gezieltes Fragen finden Apotheker schnell heraus, ob jemand beraten werden will. Auch bei Laufkunden erkundigen sie sich, ­inwieweit diese sich mit dem ­­jeweiligen Medikament auskennen und welche Arzneimittel sie zusätzlich einnehmen.

Bei Bedarf informieren Apotheker über die korrekte Anwendung, Neben- und Wechselwirkungen, die Aufbewahrung und Entsorgung der Me­­dika­men­te. Bei der Selbstmedikation mit rezeptfreien Arzneimitteln müssen sie zudem entscheiden, ob das verlangte Präparat geeignet erscheint oder ein Arztbesuch anzuraten ist.
Das Ziel der mehr als dreißig Änderun­gen ist es, eine Arznei­­mittelversorgung auf höchstem Niveau zu garantieren. Die Patienten werden davon überwiegend profitieren. Für die Apotheker sind jedoch viele Neuerungen mit erheblichem Zeit- und Personalaufwand verbunden. Unter anderem müssen sie künftig für ­jede Rezeptur eine schriftliche Arbeits­anweisung erstellen. Neben den Darreichungsformen und Herstellungstechniken werden darin Verpackungen, Arbeitsplatzvorbereitung, Prüfmethoden und Freigabe festgelegt.
Experten bezweifeln, dass eine derart aufwendige Dokumentation tatsächlich Vorteile bringt. Künftig wird die Herstellung von Rezepturen mehr Zeit beanspruchen, sodass die Kunden länger darauf warten müssen. Vor allem kleinere Apotheken könnten sich mit dem zeit- und kostenintensiven Qualitätsmanagement schwertun.

Die problematischsten Änderungsvorschläge konnten die Apotheker jedoch abwenden. Sie betrafen unter anderem die bundesweit rund 400 Apotheken, die für Patienten kurzfris­tig Zytostatika für die Krebstherapie herstellen. Diese hätten die gleichen technischen Voraussetzungen erbringen müssen wie ­große industrielle Herstellungsbetrie­be. Doch das könnten nur wenige Apotheken leis­­ten.
Allerdings müssen Apotheken, die Zytostatika herstellen, ihre Verfahren künftig dokumentieren und die Produkte regelmäßig auf Sterilität prüfen. Die Medikamente müssen auf einer sterilen Werkbank in einem separaten Reinraum hergestellt werden, der durch eine Schleuse betreten wird. Dies wird in den meisten Apotheken ohnehin schon immer so gemacht. Ebenfalls vom Tisch ist der umstrittene Vorschlag des Bundesgesundheitsministeriums, dass Filialapo­theken ihre Nacht- und Notdiens­te beliebig untereinander tauschen dürfen. Dies wäre vor allem in ländlichen Gebieten ein Problem, wo die nächste diensthabende Apotheke oft weit entfernt ist.

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