Apfelstammzellen oder Traubenpolyphenole – Kosmetikhersteller setzen auf die Schönheits-Tricks der Natur

Wie kann es sein, dass Rosen nach dem Zurückschneiden im Herbst wieder in voller Pracht wachsen? Dass mancher Apfel im Winter nicht welk wird? Oder dass bestimmte Gewächse intensiver Sonnen­einstrahlung standhalten? Kann man solche Pflanzeneigenschaften auch auf unsere Haut übertragen?
Mit solchen Fragen beschäftigen sich unter anderem Biotechnologen. Sie versuchen, lebende Systeme, also Organismen und die in ihnen ablaufenden Stoffwechselprozesse, zu verstehen und diese Erkenntnisse für den Menschen zu nutzen – zum Beispiel für neue Kosmetika.

Der molekulare Bauplan, nach dem Lebewesen wachsen, sich vermehren und bisweilen auch verjüngen, liefert Biotechnologen das Handwerkszeug, das vor allem die Anti-Aging-Pflege wirksamer machen könnte. Man kann damit sehr viel gezielter bestimmte
Alterungsprozesse beeinflussen. Im Fokus von Wissenschaftlern stehen Wirkstoffe, die Hautzellen schützen, bestehende Schäden reparieren oder Erneuerungsprozesse in der Haut anregen sollen, etwa die Kollagenbildung. Im Klartext: Wirkstoffe, die das biologische Altern verlangsamen. Denn die Haut hat einen besonders aggressiven Gegner: freie Radikale, die unter anderem durch UV-Licht, Nikotin oder Stress entstehen.

Schützende Antioxidanzien
Junge Haut kann die Angriffe dieser Radikale gut abwehren, mit dem Alter lässt die Regenerationsfähigkeit der Zellen allerdings nach. Dann muss Unterstützung von außen her. Effektive Zellschützer sind Antioxidanzien aus Beeren, Früchten und anderen Pflanzenteilen. Diese auch Radikalfänger genannten chemischen Verbindungen, etwa aus Granatapfelkernen, können freie Radikale unschädlich machen. Gleichzeitig fördern sie die Neubildung von Zellen und die Regeneration der Oberhaut.

Als stärkste pflanzliche Antioxi­danzien gelten Polyphenole aus der Weintraube: Wer morgens ein entsprechendes Serum aufträgt, kann seine Haut vermutlich vor den Umwelteinflüssen des Alltags ein Stück weit schützen. Trockene Haut freut sich über Nachtkerzenöl, das mit Linolsäure die Barriereeigenschaften der Haut stärken und sie vor Wasserverlust bewahren soll.

Beauty-Wecker für die Haut
In Sachen Anti-Aging-Kraft aus der Natur sind auch Stammzellen ins Interesse der Forschung gerückt. Im Spross, in der Frucht oder in der Wurzel sind sie ein biologischer Jungbrunnen, der Pflanzen die Fähigkeit zur lebenslangen Selbst­erneuerung verleiht.
Auf Stammzellen basierende Kosmetik versteht sich als eine Art Beauty-Wecker für die Haut. Wurden sie zum Beispiel aus Trauben gewonnen, wird ihnen eine Schutzwirkung gegenüber schädlicher UV-Strahlung nachgesagt. Angeblich verzögern sie zudem die Zellalterung. Die aus den Blütenknospen des Wildapfels gewonnenen Stammzellen scheinen positive Wirkungen auf die Erneuerungskraft und Lebensdauer von Zellen zu haben.

Auch die Alpenrose, die in den Bergen extremer Kälte und intensiver UV-Strahlung standhalten muss, beeindruckt die Forscher. Sie wollen die erstaunliche Unempfindlichkeit gegenüber Umweltstress, die in den Zellen der Alpenrose angelegt ist, für den Einsatz in Kosmetika nutzen.

Die ganze Vielfalt der Natur
Wachstumsfaktoren sind für die Forschung ebenfalls von großem Interesse. Experten wissen, dass bestimmte Wachstumsfaktoren in der Haut Alterungsvorgänge verlangsamen können. Strukturell sind das oft auch Proteine, die man in Pflanzen mittels Biotech­no­logie synthetisieren, aus diesen Pflanzen gewinnen und dann in den Körper einschleusen kann, sagen Experten. Hier steht die Kosmetik­industrie noch am Anfang. Das Erbgut von hunderten Lebewesen ist zwar bereits entschlüsselt, doch die ganze Vielfalt der Natur wird erst ansatzweise genutzt. Die ­Suche nach dem Schönheits­gral geht also weiter.

Bildnachweis: W&B/Forster und Martin