Die Pein an der Lendenwirbelsäule ist höllisch, verschwindet aber meist von selber wieder. Die wichtigsten Fakten zum Thema Was ist ein Hexenschuss?

Mediziner bezeichnen damit einen plötzlich auftretenden, akuten Schmerz an der Lendenwirbelsäule, der mit stark verspannten Muskeln um die Wirbelsäule herum einhergeht. Ein besonderes Merkmal der Beschwerden ist, dass sie den Patienten unvermittelt treffen. Der Schmerz schießt richtig ein.

Tritt er häufig auf?

Etwa die Hälfte der Bevölkerung bis zum 50. Lebensjahr hatte bereits einmal einen Hexenschuss. Die meisten Menschen trifft es zum ersten Mal zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr. Eine Ursache für einen Hexenschuss sind Verschleißerscheinungen an der Bandscheibe, die aus Bindegewebe und einem gallertigen Kern besteht. Im vierten und fünften Lebensjahrzehnt haben die Bandscheiben noch relativ viel Spannkraft. Deshalb können sie reißen, während sie ab dem sechsten Jahrzehnt langsamer verschleißen. Vergleichbar mit einem prallen Reifen: Er kann reißen. Hat er wenig Luft, wird er schlapp, reißt aber nicht mehr.

Was löst ihn aus?
Verschleißerscheinungen der Bandscheibe sind nur ein Grund, dass sich die Muskeln verspannen, um die Wirbelsäule zu stabilisieren. Doch nicht jeder Verschleiß führt zu einem Hexenschuss. Meistens ist es ein Cocktail aus Ursachen. Häufige Auslöser sind ungewohnte Bewegungen oder Drehungen, aber auch schlecht trainierte Muskeln begünstigen den Kreuzschmerz.

Gibt es weitere Ursachen?
Die Wirbelgelenke können verkanten und dann blockieren. Sie sind in Paaren angeordnet und befinden sich jeweils zwischen zwei Wirbelkörpern. Bei einer gesunden Wirbelsäule klappt das Zusammenspiel zwischen den Wirbelgelenken, welche den Rücken beweglich machen. Wenn sich die Gelenke gelockert haben, weil die Bandscheibe nicht hundertprozentig intakt ist, kann das Bewegungsspiel gestört werden. Das umliegende Gewebe wird überdehnt, die Muskeln versteifen. Der Zustand ist ein ähnlicher, wie wenn Risse in der Bandscheibe vorliegen.

Schießt der Schmerz immer in die Lendenwirbelsäule?
Ein Hexenschuss kann einen auch an der Halswirbelsäule ereilen. Man spricht dann von einem akuten Halswirbelsäulensyndrom, einem steifen Nacken oder akuten Schiefhals. Die Lendenwirbelsäule ist jedoch am häufigsten betroffen, weil auf ihr das Gewicht des ganzen Rumpfs lastet. Zudem sind die Lendenwirbel der beweglichste Teil der Wirbelsäule.

Kann es jeden treffen?
Ja. Auch Hochleistungssportler können einen Hexenschuss bekommen, zum Beispiel Gewichtheber bei Wettkämpfen. Bei sehr trainierten Sportlern reagiert die Rückenmuskulatur häufig stark, wenn es zu minimalen Überbelastungen, kleinsten Einrissen oder Verkantungen kommt. Zudem gibt es Risikogruppen: Die genetische Veranlagung spielt eine Rolle – manche Menschen haben widerstandsfähigeres Gewebe als andere. Auch bestimmte Wirbelsäulenformen begünstigen Hexenschüsse: Menschen mit sechs Lendenwirbelkörpern statt fünf haben eine beweglichere Wirbelsäule und sind deshalb stärker gefährdet. Menschen mit einer Kollagenstoffwechselstörung trifft es ebenfalls häufiger, zum Beispiel Kleinwüchsige.

Hilft Rückentraining?
Je besser das muskuläre Gleichgewicht im Körper, desto geringer das Risiko für einen Hexenschuss. Gut dehnbare Muskeln im ganzen Körper, wie in Beinen, Schultern, Armen, fördern die Stabilität der Wirbelsäule.

Ist ein Hexenschuss gefährlich?
Auch wenn die starken Schmerzen bedrohlich wirken, ist ein Hexenschuss im Grunde nicht gefährlich – solange sich die Beschwerden auf die Lendenwirbelsäule beschränken und nicht in die Beine ausstrahlen.

Hält der Schmerz lange an?
Bei rund 75 Prozent der Patienten ist nach einer Woche wieder alles in Ordnung. Bei den restlichen 25 Prozent kann es bis zu sechs Wochen und manchmal noch länger dauern, bis die Beschwerden ganz abgeklungen sind. Wenn es danach noch Probleme gibt, braucht man eine gezielte Behandlung, dann ist die Ursache der Beschwerden kein Hexenschuss.

Bei welchen Anzeichen zum Arzt?
Wenn die Schmerzen in ein Bein ausstrahlen oder Taubheitsgefühle auftreten; wenn eine Stuhl- oder Harninkontinenz entsteht; wenn sich eine Muskelschwäche im großen Zeh bemerkbar macht oder man den Fuß nicht mehr heben kann, sollte ein Orthopäde oder Neurologe die Ursache abklären. Eine Ischialgie könnte der Grund sein, also Schmerzen, die entlang des Ischiasnervs auftreten, weil Nervenwurzeln gereizt werden – wie bei einem Bandscheibenvorfall.

Was unterscheidet die Hexe vom Bandscheibenvorfall?
Während hinter einem Hexenschuss häufig Verschleißerscheinungen in Form von Rissen im Faserring stecken, ist der Grad der Zerstörung bei einem Bandscheibenvorfall höher. Es tritt Bandscheibenflüssigkeit aus. Das Bindegewebe des Wirbelkörper-Puffers umgibt den Kern, der aus Gallertmasse besteht. Läuft die Flüssigkeit aus, drückt sie auf die Nervenwurzeln, die an den Wirbelgelenken entlanglaufen. Das verursacht die heftigen Schmerzen.

Haben Vorfall und Hexe die gleichen Symptome?
Wenn die Bandscheibe in Richtung Bauchraum und nicht wie meist nach hinten drückt, dann ja. Zum Bauchraum hin gibt es keine empfindlichen Strukturen wie die Nervenwurzeln. Deshalb können die Schmerzen nicht in die Beine ausstrahlen. Das ändert an der Behandlung nicht viel, es dauert nur länger, bis sich das Ganze erholt hat.

Wie lindere ich Schmerzen?
Vielen Patienten tut Wärme gut. Hilfreich ist alles, was verspannte Muskeln lockert und die Durchblutung fördert. Deshalb soll man sich leicht bewegen, ohne groß die Muskeln zu belasten. Schwere Taschen oder Einkäufe tragen ist tabu. Jede Bewegung, die in der akuten Situation noch möglich ist, hilft. Für viele ist aber schon Alltägliches wie duschen und sich anziehen schweißtreibend und schmerzhaft. Wenn man es trotzdem schafft, ist schon viel gewonnen. Denn viel sitzen oder lange in derselben Position verharren beeinträchtigt die Heilung. Früher wurde Bettruhe empfohlen. Davon ist man heute ganz abgekommen.

Helfen Schmerzmittel?
Ja. Die Schmerzen loszuwerden ist das Wichtigste für die Patienten. Es eignen sich Wirkstoffe wie Paracetamol, Ibuprofen, Acetylsalicylsäure, Diclofenac und Naproxen. Zusätzlich kann man Wärmepflaster oder wärmende Salben auftragen. Pflaster können allerdings die Haut reizen. Pflaster mit dem Wirkstoff Capsaicin, dem Scharfmacher aus Chilis, sollten Menschen mit empfindlicher Haut eher meiden. Alternativ gibt es selbstwärmende Exemplare auf Eisenpulvergrundlage. Bei diesen Produkten oxidiert Eisen beim Kontakt mit Sauerstoff. Dabei wird Wärme frei.

Wie kann ich vorbeugen?
Durch ausreichende Bewegung. Einem Menschen, der viel sitzt, könnten gelenkschonende Sportarten wie Nordic Walking, Schwimmen oder Pilates helfen, den Rücken zu stärken. Die Möglichkeiten sind vielfältig. Wichtig ist, Freude an der Bewegung zu haben. Spaß und Zweckmäßigkeit stellen den Schlüssel dar, um langfristig erfolgreich zu sein. Wenn man etwas nicht gern tut, fällt es schwer, es mindestens zweimal die Woche durchzuziehen. Regelmäßiges Training aber ist für einen starken Rücken wichtiger als sich hin und wieder zu verausgaben. Faustregel: Vielleicht zwei- bis dreimal die Woche eine halbe bis eineinhalb Stunden.

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