
Die Zahnpflege ist bei Betreuungsbedürftigen oft schecht. So helfen Angehörige
Pflegebedürftige werden deutlich schlechter zahnärztlich versorgt als andere Menschen. So lautet die Kernaussage des aktuellen Pflegereports der Barmer GEK. Die Krankenkasse verglich dazu Routinedaten der Versicherten, beispielsweise die Leistungen bei Erkrankungen des Zahnhalteapparates. Es zeigte sich, dass pflegebedürftige Versicherte diese Leistungen um zwei Drittel weniger in Anspruch nahmen als nicht pflegebedürftige.
Die Zahlen stammen aus dem Jahr 2012 und haben sich möglicherweise inzwischen verbessert. Denn das Versorgungssystem der Kassen basierte bis dahin darauf, dass sich alle Versicherten selbst die Zähne putzen können und bei Bedarf auch eigenständig einen Zahnarzt aufsuchen können. War das nicht der Fall, mussten die Zahnärzte einen Hausbesuch aus eigener Tasche bezahlen. Dieses System hat sich seither grundlegend verändert – zugunsten der Pflegebedürftigen.
Heute ist sichergestellt, dass der Zahnarzt nach Hause kommt, wenn man nicht mehr zu ihm in die Praxis gehen kann. Das gilt für das Gros der etwa 1,8 Millionen Pflegebedürftigen, die noch in den eigenen vier Wänden leben, ebenso wie für die rund 800.000, die vollstationär in Heimen versorgt werden. Dieses Angebot können auch die Angehörigen wahrnehmen. Dabei geht es nicht zwingend darum, Löcher zu behandeln oder Prothesen anzufertigen. Laut Experten ist vor allem Vorbeugung gefragt – in Zusammenarbeit mit den Pflegekräften im Heim und den Angehörigen zu Hause. Wenn die Zahngesundheit eines Pflegebedürftigen leidet, kann das schwerwiegende Folgen haben.
Lungenentzündungen verhindern
Karies- und Zahnbetterkrankungen beeinflussen die Gesamtgesundheit. Durch Studien wurde beispielsweise der Zusammenhang von schlechter Zahngesundheit und Lungenentzündungen gut belegt. Keime aus dem Mundraum, wie sie sich etwa bei fortgeschrittener Parodontitis entwickeln, können für eine solche Pneumonie verantwortlich sein. Das verdeutlicht auch eine 2008 im Fachblatt Journal of the American Geriatrics Society veröffentlichte Studie. Danach kann rund jede zehnte tödliche Lungenentzündung bei älteren Heimbewohnern durch eine Verbesserung der Mundhygiene verhindert werden.
Im Pflegefall werden oft die Erfolge jahrzehntelanger zahnmedizinischer Prävention in relativ kurzer Zeit zunichte gemacht. Doch wie lässt sich dem entgegenwirken? Wie pflegt man die Zähne eines anderen? Was muss beachtet werden?
Zunächst sollten die Angehörigen den Hauszahnarzt des Betroffenen kontaktieren. Denn er kann anhand seiner Dokumentation gut darstellen, was für eine Zahnpflege der Patient bisher gewohnt war. Hat er seinen Zahnersatz über Nacht im Mund gelassen? Hat er eine elektrische Zahnbürste benutzt? Daran können sich auch die Angehörigen orientieren, wenn sie die Zahnpflege für den Betroffen übernehmen. Noch besser: Der Arzt kommt nach Hause und leitet die Angehörigen an, beispielsweise beim Herausnehmen und Einsetzen der Prothese.
Anleitung durch den Zahnarzt
Denn: Viele Menschen haben einen technisch komplexen Zahnersatz. Wenn man nicht gelernt hat, wie man ihn herausnimmt, oder gar nicht weiß, dass ein Zahnersatz vorhanden ist, dann bleibt dieser oft im Mund, und keiner kümmert sich mehr darum. Man sollte schon mit Beginn der Pflegebedürftigkeit versuchen, die Mundpflege konsequent weiterzuführen. Und dafür ist der Kontakt zum Hauszahnarzt wichtig. Das gilt vor allem, wenn der Pflegebedürftige keinen Zahnersatz hat und seine eigenen Zähne gereinigt werden müssen.
Die Fremdpflege des Mund- und Zahnbereichs kann auch gefährlich werden, warnen Experten. Manche Patienten können Schluck- und Hustenreize nur noch schlecht kontrollieren. Deshalb ist das Risiko erhöht, dass ein Fremdkörper in die Luftröhre gerät.
Grundsätzlich gilt: Die Zahnpflege sollte dann gemacht werden, wenn der Hilfsbedürftige wach und aktiv ist und nicht erst abends oder im Bett. Er sollte aufrecht und leicht nach vorne gebeugt sitzen, sodass er Flüssigkeiten wieder ausspucken kann. Wie man dann mit der Zahnbürste arbeitet und worauf es dabei ankommt, sollte vorab mit dem Arzt abgesprochen werden. Das kann man nicht pauschal erklären, sondern muss es wirklich auf den Einzelfall abstimmen.
Um die Zahngesundheit von Pflegebedürftigen zu erhalten, reicht die regelmäßige Reinigung allerdings nicht aus. Beispielsweise muss auch der Mundraum feucht gehalten werden – viele ältere Menschen leiden an Mundtrockenheit.
Oft sind Medikamente die Ursache. Dadurch können Keime wuchern, Mundgeruch und Scheuerstellen durch den Zahnersatz entstehen. Um dem vorzubeugen, kann man zunächst auf Hausmittel zurückgreifen – beispielsweise auf lauwarmen Salbei- oder Kamillentee. Tränken Sie eine Kompresse mit dem Tee, und tupfen Sie den Mundraum damit aus. Wenn der Betroffene noch selbst trinken kann, empfiehlt es sich, an verschiedenen Stellen in der Wohnung Getränke bereitzustellen, damit er stets daran erinnert wird, Flüssigkeit zu sich zu nehmen.
Auf Schmerzsignale achten
Zudem sollten sich Angehörige hin und wieder den Zahnersatz genauer anschauen. Man kann überprüfen, ob die Prothese noch intakt oder ob ein Stück abgebrochen und eine scharfe Kante vorhanden ist. Auch sollte der Mundraum auf Rötungen, Entzündungen, Schwellungen und Druckstellen hin untersucht werden. Hat sich hier etwas verändert? Kann der Pflegebedürftige noch richtig kauen?
Probleme erkennt man zum Beispiel auch daran, dass jemand nicht mehr so richtig essen will und dabei von der Gestik und der Mimik her Schmerzsignale aussendet. Es ist Sensibilität gefragt, da manche Betroffene nicht mehr klar mitteilen können, dass etwas wehtut. Achtet man auf diese Signale, lassen sich Probleme frühzeitig erkennen, und dem Betroffenen werden Schmerzen erspart.
Richtige Pflege für die Dritten
1. Um keine Keime zu übertragen, sollten Sie bei jeder Reinigung Einmalhandschuhe überziehen.
2. Füllen Sie vor der Reinigung das Waschbecken mit Wasser. Dadurch können Schäden verhindert werden, falls Ihnen die Prothese beim Putzen aus der Hand fällt.
3. Reinigen Sie nicht nur den Zahnersatz, sondern alle Oberflächen der Prothese. Dazu können Sie eine normale Zahnbürste oder auch spezielle Prothesenbürsten verwenden.
4. Die Prothese sollte mindestens einmal täglich gründlich gereinigt und nach jeder Mahlzeit mit Wasser abgespült werden. Benutzen Sie zum Reinigen eine Zahnpasta ohne Schleifmittel.
Bildnachweis: W&B/Martin Ley