
Sie geben gebrechlichen Menschen Sicherheit. Doch ohne fachkundige Beratung können Gehwagen mehr schaden als nutzen
Erfunden wurde er Ende der 70er-Jahre. Die gehbehinderte Schwedin Aina Wifalk wollte sich das Leben ein bisschen leichter machen. Sie baute sich eine „Krücke mit Rädern“ – den Urvater aller Rollatoren. Heute erlebt der Gehwagen einen regelrechten Boom. Allein die Krankenkasse DAK bewilligte 2014 75.000 Versicherten ein solches Gerät. Inzwischen sind die Alltagshelfer sogar beim Discounter erhältlich.
Viele Experten sehen diese Entwicklung kritisch. Wer über einen längeren Zeitraum einen Rollator nutzt, läuft Gefahr, das normale Gehen zu verlernen. Der Körper gewöhnt sich an die Stütze; Reflexe, die das Fallen verhindern sollen, werden geschwächt. Der Rollator vermittelt ein falsches Gefühl von Sicherheit. Tatsächlich stürzen ältere Menschen mit Rollatoren sogar häufiger als ohne. Hauptrisikofaktor: ein unsachgemäßer Gebrauch.
Training für Körper und Gehirn
Andererseits: Viele ältere Menschen trauen sich ohne Gehhilfe nicht mehr aus dem Haus. Dabei ist es sehr wichtig, in Bewegung zu bleiben. Das stärkt nicht nur die Muskeln und das Herz-Kreislauf-System, sondern auch den Geist. Jeder Schritt, den ein Demenzkranker geht, ist auch Gehirntraining.
Trotzdem: Bevor der Rollator verordnet wird, wäre es besser, alle Maßnahmen auszuschöpfen, um sich möglichst lange ohne Hilfsmittel fortzubewegen. Krankengymnastik, aber auch Kurse zur Sturzprävention können helfen, die von den Kassen bezuschusst werden. Wichtig ist laut Experten zudem, die Wohnung von Stolperfallen zu befreien und zu prüfen, ob vielleicht Medikamente das Gehen beeinträchtigen.
Braucht ein Mensch dann doch einen Rollator, sollte dieser exakt eingestellt werden, um etwa Haltungsprobleme zu verhindern. Und der Nutzer benötigt eine gute Einführung in die Handhabung des Geräts – was beim Kauf im Discounter kaum der Fall sein dürfte. Die meisten Unfälle passieren, weil die Feststellbremse nicht genutzt wird und der Wagen einfach wegrollt. Das Ziel sollte sein – darin sind sich Experten einig –, den Rollator möglichst nur vorübergehend oder in bestimmten Situationen einzusetzen.
Bildnachweis: W&B/Ulrike Möhle