
Aus dem Wurzelextrakt wird nicht nur Lakritze gewonnen, die Pflanze lässt sich auch arzneilich nutzen
Die Staude wird rund einen Meter hoch, besitzt zarte gefiederte Blätter und aufrechte Blütentrauben mit blasslila gefärbten Schmetterlingsblüten. Ein hübscher Anblick. Doch das ist nicht der Grund, warum die Pflanze in vielen Regionen der Welt angebaut wird. Ihr Name verrät es: Süßholz. Die meterlangen Wurzeln machen das Gewächs sowohl für die Produzenten von Tee und Naturheilmitteln als auch für die Süßwarenindustrie interessant.
Süße und Aroma verdankt die Wurzel vor allem dem Glycyrrhizin. Dieser Inhaltsstoff ist 50-mal so süß wie normaler Haushaltszucker. Kalziumsalze steuern eine leicht bittere Note bei. Aus dem eingedickten Wurzelsaft wird Lakritze hergestellt, die Süßwarenfirmen zu einem schwarzen Naschwerk mit herb-süßer Note verarbeiten.
Dazu kommen weitere Inhaltsstoffe wie Flavonoide und Cumarine. Als Tee oder Fertigpräparat setzt man Süßholz traditionell bei Husten und Entzündungen der Magenschleimhaut ein. Zudem gibt es Hinweise, dass Zubereitungen aus Süßholz gegen Virus-Infektionen wie Herpes und Hepatitis wirken könnten.
Schon in der Antike bekannt
Bereits im Altertum nutzten Ägypter, Griechen und Römer die heilkräftige Wurzel. Der griechische Arzt Dioskurides empfahl im ersten Jahrhundert nach Christus in seinem Werk zur Arzneimittelkunde den Saft bei rauer Luftröhre und Magenbrennen sowie bei Brust- und Nierenleiden. Im Mittelalter berichtete Hildegard von Bingen, Süßholz mache die Stimme klar und den Sinn mild. Süßholz war ursprünglich im Mittelmeerraum heimisch. Ab dem 15. Jahrhundert wurde es auch in unseren Breiten angebaut. Heute decken vor allem Plantagen in asiatischen Ländern wie China und Iran den Bedarf. Begehrt ist die Lakritze aus Kalabrien, der südlichsten Region Italiens. Dort gedeihen besonders aromatische Wurze
Meterlange Seitenwurzeln
Die Süßholzernte ist ein mühsames Geschäft und zudem nur alle drei Jahre möglich. Dazu fahren die Bauern mit Traktoren, die mit Messern ausgerüstet sind, über die Felder und schneiden die langen Seitenwurzeln ab. Danach ziehen sie die meterlangen Wurzelstücke per Hand aus dem Boden. Geerntet wird nur bei gutem Wetter, die Wurzeln müssen vollständig trocknen und entsprechend gelagert werden.
Für Tee verwenden die Hersteller zerkleinerte Wurzelstücke. Für Lakritze werden die Pflanzenteile mit Wasser gekocht, bis Sirup entsteht. In der Apotheke sind Süßholzsaft, alkoholische oder Trockenextrakte sowie Tee erhältlich. Aufgrund seiner entzündungshemmenden Eigenschaften wurde Süßholz auch zur Behandlung von Magengeschwüren genutzt. Seit es Protonenpumpenhemmer gibt, spielt es zur Vorbeugung von Magengeschwüren aber keine Rolle mehr. Die Wirksamkeit wurde klinisch auch nicht wirklich belegt.
Bei Katarrhen der oberen Luftwege können Teemischungen oder Fertigpräparate mit Süßholzwurzel das Abhusten erleichtern und Linderung bringen. Eine Tagesdosis von maximal 15 Gramm Süßholzwurzel darf nicht überschritten werden.
Länger als vier Wochen sollten entsprechende Zubereitungen ebenfalls nicht eingenommen werden. Denn größere Mengen von Glycyrrhizin können bei längerer Anwendung den Mineralstoffhaushalt des Körpers durcheinanderbringen. Das kann zu Ödemen und Bluthochdruck führen. Glycyrrhizin beeinflusst den Stoffwechsel der Nebennierenrinden-Hormone Aldosteron und Kortisol. Als Folge kommt es zu erhöhten Natrium- und niedrigen Kaliumspiegeln im Blut. Ein Kaliummangel kann Herzrhythmusstörungen und Muskelschwäche verursachen.
Nicht im Übermaß verzehren
Ähnliches gilt für das Naschwerk. Als Grenzwert für Lakritzenwaren gilt ein Gehalt von 200 Milligramm Glycyrrhizin pro 100 Gramm Lakritze. Täglich sollten nicht mehr als 50 Gramm der Süßigkeit verzehrt werden. Menschen mit vorgeschädigter Niere, Bluthochdruck, Lebererkrankungen oder Kaliummangel dürfen Lakritze und glycyrrhizinhaltige Präparate nicht verwenden. Süßholz kann den Kaliumverlust durch manche entwässernden Medikamente sogar verstärken. Auch Schwangere sollten darauf verzichten.
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