Wir alle brauchen es. Nicht nur körperlich, auch psychisch

Dihydrogenmonoxid ist eine farb-, geruch-, und geschmacklose Substanz, die weltweit jährlich für den Tod mehrerer Tausend Menschen verantwortlich ist, meist durch versehentliche Inhalation. Zu den Symptomen einer DHMO-Vergiftung zählen verstärktes Schwitzen, Harndrang, Blähungsgefühle, Schwindel, Erbrechen und Störungen des Elektrolythaushalts. So steht es in einer „Petition zum Bann von DHMO“, einer Satire-Aktion, die zeigt, wie leicht man sich verunsichern lässt. DHMO ist nämlich: H2O, also Wasser. Eine Substanz, die wir uns nie verbieten lassen würden, an der wir uns nie satt trinken oder -sehen können.

Es scheint, als brauchten Menschen Wasser nicht nur für den Körper, sondern auch für die Seele. Ufer sind Sehnsuchtsorte. Darum zieht es im Sommer viele Menschen an Flüsse, Seen oder ans Meer. Das Urlaubssymbol schlechthin ist der Strand, stundenlang kann man an der Küste sitzen und auf die Linie blicken, wo Wasser und Himmel verschwimmen. Und was ist ­­beruhigender, als dem Takt der Wellen zu lauschen?

Zum Glück muss es nicht immer das große weite Meer sein. Schon der Blick in ein Aquarium oder das Plätschern eines Zimmerbrunnens wirkt meditativ. Deshalb holen wir uns das Element in Sichtweite, ­heben einen Gartenteich aus oder stellen eine Schale Wasser auf den Esstisch.

Heiliges Wasser
Forscher ergründen seit Jahren die Beziehung des Menschen zum Wasser. Wasser ist die Parabel für Leben, Symbol für Veränderung und Gefühle. Es ist in vielen Kulturen heilig. Darum benetzen sich Katholiken vor der Messe mit Weihwasser, Muslime waschen sich vor dem Gebet, und Hindus reinigen sich im Ganges. Bei den Aborigines in Australien ist es die Regenbogenschlange, die Leben spendet und nimmt. Das Wasser hat einen zentralen Platz in den Schöpfungsgeschichten der großen Religionen – genauso wie in der Evolution. In ihm entstand das erste Leben auf der Erde, und bis heute kommt kein Wesen ohne es aus.

Geldströme
Doch es gibt auch eine banalere Seite des Wassers. Es war schon immer auch ein Zeichen für Reichtum. Man sagt schließlich auch, jemand schwimmt in Geld – kein Wunder also, dass Dagobert Duck im Comic in seinem Geldspeicher badet. Ausufernde Swimmingpools und glamouröse Spas sind Zeichen des Überflusses. Floating, das Baden in konzentrierter Sole, ist eine luxuriöse Form der Entspannung. Das Gefühl, dass die Grenze zwischen dem Ich und dem Wasser rundherum verschwimmt. Mit monumentalen Brunnen zeigt eine Stadt, wie gut sie ihre Bürger mit Wasser versorgen kann. Was wäre etwa Rom im Sommer ohne seine unzähligen Brunnen, aus denen zum Teil auch getrunken werden kann!

Um den freien Zugang zu Wasser wurde im vergangenen Jahr auch in der EU gestritten. Muss die Wasserversorgung in öffentlicher Hand bleiben, oder darf sie privatisiert werden? Eine Mehrheit im Europaparlament lehnt eine Privatisierung ab. Ein Erfolg für die EU-weite Bürgerinitiative Right2Water, die Zugang zu sauberem Wasser als Menschenrecht etablieren will.

Ware Wasser
Für Unternehmen hingegen bedeutet Wasser genau das: eine Ware wie jede andere. Eine Quelle in einem afrikanischen Land kann man nach dieser Prämisse erstehen und verkaufen wie alles andere auch. Im Prinzip geschieht das jetzt schon. Wenn hierzulande jemand eine Jeans kauft, wurde sie irgendwo auf der Welt womöglich mit rarem Wasser hergestellt. So fließt virtuelles Wasser aus trockenen Ländern in solche, die es im Überfluss haben.

Wassermangel wiederum schürt Not und Konflikte. Der Klimawandel könnte das noch verstärken. Das bestätigten auch internationale Experten im „Welt-Risiko-Bericht 2016“ des Weltwirtschaftsforums Davos. Sie platzieren die Gefahr von Wasserkrisen wie Überschwemmungen und Dürren an dritter Stelle der aktuellen globalen Risiken.
Auch am Beispiel Syrien zeigt sich die Wichtigkeit der Wasserversorgung. Vor Beginn des Bürgerkriegs durchlitt das Land eine fünfjährige ex­treme Dürreperiode, die die ohnehin prekäre Wassersituation in Syrien verschärfte und zu Missernten, Mangelversorgung sowie der Landflucht von bis zu 1,5 Millionen Menschen führte.
Spannungsreich ist oft das Verhältnis von Staaten, die Anrainer desselben Flusses sind. Beispiele dafür sind geplante Großstaudammprojekte in Äthiopien und Tadschikistan. Nachbarn dieser Staaten äußern die Befürchtung, dass ihnen wortwörtlich das Wasser abgegraben wird. Um den Frieden zu erhalten, fördert die Bundesregierung in verschiedenen Regionen die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Bereich Wasser – mit technischem Know-how und als Vermittler. So gibt es Projekte in Zentral­asien, China und im Iran sowie am Nil und am unteren Mekong. Gegenseitige Abhängigkeit ist stets auch eine Chance, über Zusammenarbeit zu Ausgleich und Frieden zu kommen. Zum Glück entzweit ein gemeinsamer Fluss nicht nur, ist nicht nur eine Grenze, sondern er verbindet auch.

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